Kurs: Technik, Energie und Nachhaltigkeit | OnCourse UB

  • Lektion 2

    • Biomassebasis aus organischen Reststoffen und Energiepflanzen

      Bioenergie wird aus Biomasse gewonnen. Bei Biomasse handelt es sich um gespeicherte Sonnenenergie, die in Form von Energiepflanzen oder Energieholz bzw. Reststoffen wie Stroh, Baum- und Strauchschnitt, Gülle, Bioabfall oder Altholz zur energetischen Nutzung verwendet wird.
      Der Biomassebegriff findet sich zum Beispiel in der Renewable Energy Directive (RED) der EU wieder. Am 20.11.2023 ist die RED III (Richtlinie (EU) 2023/2413) in Kraft getreten, deren Umsetzung in Deutschland wie im Kapitel Windkraft beschrieben, bereits erfolgt ist.

      Definition Biomasse nach Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU

      "Eine Biomasse ist der biologisch abbaubare Teil von Erzeugnissen, Abfällen und Reststoffen der Landwirtschaft mit biologischem Ursprung (einschließlich tierischer und pflanzlicher Stoffe), der Forstwirtschaft und damit verbundener Wirtschaftszweige einschließlich der Fischerei und der Aquakultur. Auch der biologisch abbaubare Teil von Abfällen aus Industrie und Haushalten zählt nach dieser Definition zur Biomasse. Zur Biomasse wird gezählt:

      • Pflanzen und Pflanzenbestandteile und die aus Pflanzen oder Pflanzenbestandteilen hergestellten Energieträger,
      • Abfälle und Nebenprodukte (pflanzlicher und tierischer Herkunft) aus Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft und den jeweils nachgelagerten Verarbeitungsbetrieben,
      • Restholz aus Betrieben der Holzbe- und -verarbeitung und der Holzwerkstoffindustrie,
      • Landschaftspflegegut und Treibsel aus Gewässerpflege, Uferpflege und -reinhaltung,
      • Altholz bzw. Gebrauchtholz und 
      • Bioabfälle.“
      (Auszug aus: Richtlinie 2009/28/EG Des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG)

      Der Biomassebegriff in Deutschland ist über die Biomasseverordnung definiert (2001 (BGBl. I S. 1234), zuletzt geändert durch Artikel 8 des Gesetzes zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus Erneuerbaren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der Erneuerbaren Energien vom 13. Oktober 2016 (BGBl. I S. 2258). Dort findet sich die Definition in §2:

      Definition Biomasse nach Biomasseverordnung

      "§2 Anerkannte Biomasse

      (1) Biomasse im Sinne dieser Verordnung sind Energieträger aus Phyto- und Zoomasse. Hierzu gehören auch aus Phyto- und Zoomasse resultierende Folge- und Nebenprodukte, Rückstände und Abfälle, deren Energiegehalt aus Phyto- und Zoomasse stammt.

      (2) Biomasse im Sinne des Absatzes 1 sind insbesondere:
      1. Pflanzen und Pflanzenbestandteile, 2. aus Pflanzen oder Pflanzenbestandteilen hergestellte Energieträger, deren sämtliche Bestandteile und Zwischenprodukte aus Biomasse im Sinne des Absatzes 1 erzeugt wurden, 3. Abfälle und Nebenprodukte pflanzlicher und tierischer Herkunft aus der Land-, Forst- und Fischwirtschaft, 4. Bioabfälle im Sinne von § 2 Nr. 1 der Bioabfallverordnung, 5. aus Biomasse im Sinne des Absatzes 1 durch Vergasung oder Pyrolyse erzeugtes Gas und daraus resultierende Folge- und Nebenprodukte, 6. aus Biomasse im Sinne des Absatzes 1 erzeugte Alkohole, deren Bestandteile, Zwischen-, Folge- und Nebenprodukte aus Biomasse erzeugt wurden.

      (3) Unbeschadet von Absatz 1 gelten als Biomasse im Sinne dieser Verordnung:
      1. Treibsel aus Gewässerpflege, Uferpflege und -reinhaltung, 2. durch anaerobe Vergärung erzeugtes Biogas, sofern zur Vergärung nicht Stoffe nach §3 Nummer 3, 7 oder 9 oder mehr als 10 Gewichtsprozent Klärschlamm eingesetzt werden.

      (4) Stoffe, aus denen in Altanlagen im Sinne von §2 Abs. 3 Satz 4 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom 29. März 2000 (BGBl. I S. 305) in der am 31. Juli 2004 geltenden Fassung Strom erzeugt und vor dem 1. April 2000 bereits als Strom aus Biomasse vergütet worden ist, gelten in diesen Anlagen weiterhin als Biomasse. Dies gilt nicht für Stoffe nach §3 Nr. 4.“

      (Auszug aus: Verordnung über die Erzeugung von Strom aus Biomasse (Biomasseverordnung - BiomasseV)

    • Ein allem vorneweg stehendes Nachhaltigkeitsziel der Bioenergieerzeugung ist der vorrangige Einsatz von Reststoffen. Diese sind wegen der Flächenkonkurrenz auf dem Acker und dem Vorrang der Lebensmittelerzeugung immer dem Energiepflanzenanbau vorzuziehen. Daher werden an dieser Stelle zunächst die Reststoffe betrachtet. 

      Organische Reststoffe lassen sich in zwei Gruppen einteilen, die verfahrenstechnisch unterschiedliche Wege gehen, um Bioenergie zu erzeugen.

      1. feuchte Reststoffe z.B. Biogut aus der Biotonne, organische Reststoffe aus dem produzierenden Gewerbe.
      2. trockene ligno-zellulosehaltige Reststoffe wie Forstrestholz, Baum- und Strauchschnitt, Holzabfälle, Altmöbel.

      Feuchte Reststoffe, wie etwa die Inhalte der Biotonne, werden in der Regel in einer Biogasanlage zu Biogas bzw. Bioerdgas verarbeitet und veredelt. Die Gärreste werden meistens als Düngemittel auf Äcker ausgebracht oder in einer Kompostierung nachbehandelt und zu einem Bodenverbesserungssubstrat veredelt. 

      Trockene ligno-zellulosehaltige Reststoffe werden in der Regel zu Holzhackschnitzeln zerkleinert oder zu Holzpellets veredelt. Für die Pelletherstellung eignen sich vor allem harzreiche Sägemehle aus Nadelholz, weil sie das Verkleben und Matrizenpressen zu Pellets begünstigen.

      Im Gegensatz zu organischen Reststoffen müssen Energiepflanzen auf dem Acker, im Forst oder Agro-Forstsystemen angebaut werden, verursachen also unter Umständen Flächenkonkurrenzen zur Nahrungsmittelproduktion. Sie können in folgende Gruppen eingeteilt werden:



      Die durchwachsende Silphie wird gegenwärtig als Pflanze für den Maisersatz erfolgreich angebaut, sie hat den Vorteil einer Dauerkultur, die bis zu 15 Jahre Erträge abwirft und für eine ausreichende Bodenbedeckung sorgt. Die durchwachsende Silphie, auch Becherpflanze genannt, ist gegenüber dem Mais wesentlich trockenresistenter und kann auch mit dem Ziel der Faser-/Papiergewinnung geerntet werden. Sie hat einen geringen Wasserbedarf von 350 bis 400 Litern pro Quadratmeter Jahresniederschlag und kann deswegen auch in trockeneren Lagen angebaut werden. Die hohe Pollenausschüttung macht die Durchwachsene Silphie zu einer guten Trachtpflanze für Bienen.

      Eine Kurzumtriebsplantage ist eine Anpflanzung schnell wachsender Bäume mit dem Ziel, innerhalb kurzer Umtriebszeiten Holz-Hackschnitzel als nachwachsenden Rohstoff zu produzieren. Als Umtriebszeit bezeichnet wird hierbei die Wachstumszeit der Plantage bis zur Ernte und der Anbau von Pflanzen, die nach der Holzernte wieder austreiben. Geschieht dies ausschließlich für die Energieerzeugung, wird auch von Energieholzplantage oder Energiewald gesprochen. Hierfür werden schnellwachsende Baumarten verwendet, die nach der Ernte wieder austreiben und eine Folgeernte ermöglichen. Sie werden als sogenannte Steckhölzer gepflanzt und alle zwei bis vier Jahre oder in noch größeren Intervallen geerntet.

    • Technische Nutzungspfade der Energiegewinnung aus Biomasse

      Strom, Wärme als auch Treibstoffe können aus fester, flüssiger wie auch aus gasförmiger Biomasse gewonnen werden. Am Ende steht ein Verbrennungsprozess, d.h. die Erzeugung von biogenem CO2, welches aber biogener Herkunft ist und damit bilanziell als treibhausneutral anzusehen ist. In Privathäusern kommen Scheitholzvergaser, Holzhackschnitzelöfen oder Pelletöfen zum Einsatz.

      Emissionen bei Holzverbrennung

      Nicht unproblematisch ist bei der Holzverbrennung die Emissionsbelastung. Deshalb enthält die 1. BImSchV (Bundesimmissionsschutzverordnung), die sich auf Kleinfeuerungsanlagen wie Kaminöfen bezieht, strenge Auflagen zur Abgasreinigung durch den verpflichtenden Einbau von Keramikfiltern, um zum Beispiel die Staubemissionen zu reduzieren. Für Biomasseheizkraftwerke gelten wie auch für Müllverbrennungsanlagen die Abgasgrenzwerte 17. Bundesimmissionsschutz-Verordnung (17. BImSchV).

      Gasförmige Brennstoffe haben den Vorteil, dass sie effizienter verbrennen und weniger Emissionen verursachen. Gaskraftwerke sind eine geeignete Brücken- bzw. Zukunftstechnologie, wenn sie unter anderem mit grünem Wasserstoff betrieben werden können. Auf der Basis von Biomasse lassen sich eine Reihe von synthetischen Gasen bzw. Kraftstoffen herstellen, ein Beispiel ist Algen-basiertes Kerosin. Biokraftstoffe, also aus Biomasse hergestellte Kraftstoffe, sind z.B. Biomethanol und Biodiesel oder auch Bioethanol, allgemein als Zumischung E10 an PKW-Tankstellen bekannt. Aber auch gebrauchte Speiseöle (z.B. altes Frittierfett aus Gaststätten) kann zu einem Biokraftstoff verarbeitet werden. Biokraftstoffe im PKW-Bereich sind in der Regel ineffizienter als die Elektromobilität. Sie haben aber eine wichtige Brückenfunktion im alternativen Antrieb von Schiffen, Flugzeugen und im Schwerlastverkehr, wo der Elektroantrieb bisher nicht sinnvoll ist.