Kurs: Technik, Energie und Nachhaltigkeit | OnCourse UB

  • Lektion 4

    • Standortbestimmung

      Für die Konstruktion von Windkraftanlagen oder Solaranlagen sind am Standort auftretende durchschnittliche Windlasten von Bedeutung. Mit der Einführung der Eurocodes gelten europaweit einheitliche Regeln zur Bemessung von Windlasten. Die folgenden Parameter werden dabei berücksichtigt:

      • Windzone (in Deutschland sind dies 4 Zonen mit unterschiedlichen Grundwindgeschwindigkeiten)
      • Geländekategorie (in Deutschland werden 4 Kategorien von dicht bebaut bis freies, flaches Land eingeteilt)
      • Objekthöhe und Standorthöhe 

      Deutschland ist in vier Windzonen (nach DIN 1055-4:2005-03) mit unterschiedlichen Grundwindgeschwindigkeiten unterteilt. Die Grundwindgeschwindigkeiten sind wie folgt untergliedert:

      Die durchschnittliche Windstärke eines Standortes wird mittels der Beaufort-Skala bestimmt. Die Beaufort-Skala wird seit 1906 zur Einteilung der Windstärken mit der jeweiligen Zuordnung von Windgeschwindigkeiten genutzt. Es handelt sich um eine Skala mit 13 Windstärken – von Stärke 0 bei Windstille bis Stärke 12 bei einem Orkan.


      Bei der Berechnung von Windwiderständen wird in Deutschland in vier Geländekategorien unterschieden:

      • Geländekategorie I: Offene See; Seen mit mind. 5 km Freifläche in Windrichtung; flaches und glattes Land ohne Hindernisse
      • Geländekategorie II: Gelände mit Hecken, einzelnen Gehöften, Häusern oder Bäumen, z. B. landwirtschaftliches Gebiet
      • Geländekategorie III: Vorstädte, Industrie- oder Gewerbegebiete; Wälder
      • Geländekategorie IV: Stadtgebiete, bei denen mindestens 15% der Fläche mit Gebäuden bebaut sind, deren mittlere Höhe 15 m überschreitet

      Rauigkeit (Audio)


      Die heutige Windklimatologie für Windenergieapplikationen in Höhen über 100 m für Deutschland stellt eine klimatologische Winddatenbank für Höhen zwischen 100 m und 200 m bereit. Sie dient der Vorauswahl sogenannter windhöffiger Standorte, also für Windkraftanlagen aufgrund der hohen Durchschnittsgeschwindigkeit grundsätzlich geeigneter Standorte. 

      Die Faustregel für die wirtschaftliche Nutzung der Windenergie lautet: Der wirtschaftliche Betrieb einer Windkraftanlage beginnt bei einer mittleren Windgeschwindigkeit von 5-6 m/s, ist aber von weiteren Faktoren abhängig. 

    • Standortfindung für die Windkraft - Planungsrecht
      Die Standortgenehmigung für die Windenergie ist in das Landesplanungsrecht der Bundesländer integriert und wird über die Regionalpläne auf die Bauleitplanung (Flächennutzungsplanung, Bebauungsplanung) heruntergebrochen. Die Regionalpläne der Länder weisen Vorranggebiete für Windenergie aus. Die ausführliche Standortanalyse überprüft die Mindestabstände zu Wohngebieten und Verkehrswegen, zu Natur- und Landschaftsschutzgebieten, Gewässern sowie zu Militärbasen, Flughäfen oder denkmalgeschützten Bauwerken.

      Fläche für Windenergie

      Die Bundesregierung fordert mit der Planungsoffensive seit 2022 von den Bundesländern, mindestens 2% der Landesfläche exklusiv für Freiflächen-Photovoltaikanlagen und für Windenergieanlagen planungsrechtlich zu sichern, davon allein 1,8% für die Windenergie. 

      Durch das Wind-an-Land Gesetz (WaLG), das am 1. Februar 2023 in Kraft getreten ist, wurden die Bundesländer verpflichtet, einen bundesgesetzlich vorgegebenen Anteil ihrer Landesfläche für die Windenergie in Gestalt von Windenergiegebieten zur Verfügung zu stellen. Die Ausführung erfolgt über das Windenergiebedarfsflächengesetz (WindBG) (siehe § 2 Nr. 1 WBG).

    • Bei den Planungsverfahren kommen Ausschlusskriterien zum Tragen, die Flächen grundsätzlich als Windkraftstandorte ausschließen. Dazu zählen Flächen, die Mindestabstände zu Wohnhäusern vorschreiben. Hier können die Bundesländer seit 2020 einen Mindestabstand von 1.000 Metern zu Wohngebäuden vorschreiben.
      Die aktuellen Regelungen in den Bundesländern werden sehr unterschiedlich gehandelt. In der Praxis werden von 400 m Abstand bis zu 2000 m im Extremfall in Bayern nach der 10-H-Regel (10 x Höhe der Windenergieanlage) gefordert. Die 10-H-Regel wurde in Bayern 2022 gelockert, denn ein 200 Meter hohes Windrad musste demnach einen Mindestabstand von zwei Kilometern (10 × 200 m) haben. Diese Regelung führte zu einer starken Bremse beim Ausbau der Windkraft in Bayern (vgl.: Knopp 2023).

      Schritte bis zur Anlagengenehmigung
      Die Zulassung von Windenergieanlagen erfolgt im Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Ein solches ist für Windenergieanlagen über 50 Meter Gesamthöhe immer erforderlich (vgl.: Fachagentur Wind und Solar 2024). Dadurch wird sichergestellt, dass durch das geplante Vorhaben keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren hervorgerufen werden können sowie dem Vorhaben keine anderen öffentlich-rechtlichen Belange entgegenstehen. Je nach der geplanten Anlagenanzahl wird gemäß BImSchG ein reguläres Verfahren oder ein vereinfachtes Verfahren unterschieden. Bei Windparks ist unter Umständen die standortbezogene Umweltverträglichkeitsprüfung vorzuschalten. Auch das Bau-, Straßen- und Luftverkehrs- sowie Naturschutzrecht sind beim Genehmigungsverfahren relevant. Antragsteller müssen neben detaillierten Angaben zur Bauplanung und zu den geplanten elektrischen Anlagen Gutachten zu Schallentwicklung, Schattenwurf, Sichtbarkeit und Auswirkungen auf das Landschaftsbild sowie zu ökologischen Einflüssen des Projekts vorlegen (vgl.: Bundesverband Windenergie 2024).

      Neben Bundesrecht werden bei den Abständen zu Wohngebieten, Verkehrswegen oder Gewässern auch die Gesetzgebungen der Länder wirksam. In diesen können etwa Höhenbegrenzungen festgelegt sein. Als weitere Instanzen wirken Naturschutzbehörden, Naturschutzverbände und die Bauämter der Gemeinden bei der Genehmigung mit. 

      Beschleunigung von Genehmigungen

      Durchschnittliche dauerte der Planungsprozess für Windenergieanlagen in Deutschland in der Vergangenheit 4 bis 5 Jahre (vgl.: Bundesverband Windenergie 2024). 

      Als planungszeit-verkürzende Maßnahme diente kürzlich die EU-Notfallverordnung (Verordnung EU 2022/2577). Mit ihr wurden alle bis zum 30. Juni 2024 begonnenen Planungsverfahren zum Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Stromnetze verkürzt. Ein weiterer Beschleuniger ist das in Deutschland 2024 verabschiedete Gesetz zur Umsetzung der EU Erneuerbare-Energien-Richtlinie (EU) 2023/2413 (RED III). Dieses sieht die Ausweisung von Beschleunigungsgebieten für Windenergieanlagen an Land sowie für Photovoltaik-Anlagen einschließlich zugehöriger Energiespeicher vor. Die Bundesregierung hat dazu das „Gesetz zur Verbesserung des Klimaschutzes beim Immissionsschutz, zur Beschleunigung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren und zur Umsetzung von EU-Recht“ 6. Juni 2024 verabschiedet. Die Maßnahmen flossen ein in die Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG), verabschiedet am 14. Juni 2024.