Kurs: Technik, Energie und Nachhaltigkeit | OnCourse UB

  • Lektion 6

    • Wärmekataster, Wärmespeicherung und Abwärmenutzung

      In Deutschland bestehen mittlerweile in vielen Bundesländern, Städten oder Landkreisen Wärmekataster. Das sind graphische Informationssysteme (GIS-basierte Informationen) über Wärmequellen und Wärmesenken.
      Wärmequellen entstehen zum Beispiel in energieintensiven Unternehmen wie der Primärindustrie (Eisen- und Stahlhütten), aber auch in Rechenzentren und über den Abwasserpfad einer Stadt. Wärmesenken sind Branchen mit Trocknungs- und Reinigungsprozessen (Klärschlammtrocknung, Tabaktrocknung, Lebensmittelverarbeitung, Krankenhäuser, Lackierung, Kälteerzeugung aus Abwärme) aber auch Nah- und Fernwärmenetze für Heizzwecke.

      Wärmekataster bündeln Informationen zu Gebäuden wie Wärmebedarf, Gebäudetyp, Lage, Alter, genutzte Energieträger und Netzanschlusssituation, zu Gas- und Fernwärmenetzen sowie zu potenziellen erneuerbaren Wärmequellen wie z.B. auch Abwärme-Potentialen. Wärmekataster können Investoren als wertvolle Information im Vorfeld einer Ansiedlung dienen, um vorhandene Synergieeffekte zu nutzen. Sie dienen dabei auch Kommunen für die anstehende Wärmeplanung.


      Bild: Ausschnitt aus Wärmekataster-Portal der Stadt Hamburg ©Geoportal-Hamburg/Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft Hamburg

      Wärmenetze können verschiedene Wärmequellen aus Erneuerbaren Energien kombinieren und die daran angeschlossenen Gebäude mit Wärme versorgen. So sind keine kleinteiligen Einzellösungen für einzelne Gebäude notwendig. Ein Beispiel für ein Wärmenetz ist das Fernwärmenetz. Wärmenetze sind in ihrer räumlichen Ausdehnung begrenzt, da sie über die steigende Entfernung von der Wärmequelle zur Wärmesenke an Effizienz verlieren, die Wärmeverluste können bei Nahwärmenetzen bis zu 20% betragen.


      Die in der vorherigen Lektion behandelten Wärmepumpen dienen gemeinsam mit Wärmetausch-Technologien als technisches Brückenglied, um Wärmequellen mit einer Nutzung zu verbinden. Denn selten entspricht eine vorhandene Wärmequelle zeitlich, aber auch vom anfallenden Temperaturniveau her, dem Wärmebedarf eines Nutzers. Es müssen also Temperaturniveaus gehoben, Wärme über Speicher oder Rohrleitungen übertragen und Wärme zwischen verschiedenen Trägermedien (Luft, Wasser, Öl) getauscht werden. Bei diesen Prozessen entsteht ein Energieaufwand (der Strombedarf der Wärmepumpe) und es geht Abwärme verloren (Rohrabwärme über die Wand, Abluft von Motoren und Heizungen). 

      Die Problematik unsanierter älterer Häuser mit Radiatoren-Heizungen und hohen Vorlauf-Temperaturen, die einen Wärmepumpeneinsatz zu teuer machen, wurde bereits erläutert. Gegenwärtig werden Projekte im Bereich der Klärabwässer-Abwärme und Rechenzentren-Abwärme ausgebaut, weil diese Infrastruktur und damit das Potential überall in den Städten anfallen. 

      Mobile Wärmespeicher

      Es fehlt momentan an der Bezahlbarkeit von mobilen Wärmespeichern. Diese könnten beispielsweise in der Eisen- und Stahlindustrie beladen und dann am Standort Schwimmbad, Turnhalle oder Kulturscheune kontinuierlich entladen werden. Solche mobilen Wärmespeicher sind Thermo-chemische Speicher, bei denen Chemikalien (z.B. Silikagele, Zeolithe) Wärme absorbieren. 

      Latentwärmespeicher ändern bei ihrer Beladung den Aggregatszustand, ein Beispiel ist der Eisspeicher, der sinnvoll in eine Gebäudeheizung integriert werden kann. Sensible Speicher sind als Pufferspeicher auf Wasserbasis in den heutigen Standard-Heizungssystemen integriert.


      (Daten von www.solarserver.de)
    • Beispiel Kooperation in der Wärmewirtschaft

      Kooperationen in der Wärmewirtschaft sind bei benachbarten Betrieben besonders effizient. So haben sich die Betreiber des Kupolofens (Schachtofen für Stahlschrott, etc.) der Georg Fischer Automotive und das Lebensmittelwerk von Nestlé Maggi in Singen am Bodensee zusammen getan. Zwischen beiden Betrieben wurde eine Wärmerohrleitung verlegt, in dem die Hochtemperaturabwärme des Kupolofens auf ein Wärmeträgeröl gespeichert und damit übertragen wird.


      Eine weitere Investition war der Wärmetauscher im Nestlé Maggi Werk. Nestlé Deutschland AG benötigt im Singener Werk jährlich 75.000 MWh zur Sattdampferzeugung. Durch die Kooperation spart Nestlé im Lebensmittelwerk zwei Drittel des früheren Erdgaseinsatzes für die Dampfproduktion. Der Umstieg auf die Abwärmenutzung brachte eine Ersparnis der CO2-Emissionen von insgesamt 11.000t pro Jahr. Die Anlageninvestition hat sich nach drei Jahren amortisiert (Daten: Georg Fischer Automobilguss, Abschlussbericht F&E-Projekt).