Kurs: Technik, Energie und Nachhaltigkeit | OnCourse UB

  • Lektion 3

    • Elektrolyse und Elektrolyseure zur Wasserstofferzeugung

      Der Flaschenhals der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland und Europa ist die aktuell nicht ausreichende Ökostromerzeugung. Die Elektrifizierung im Bereich der Mobilität und in einzelnen Wirtschaftssektoren erhöht den bisherigen Strombedarf um ein Vielfaches. Nur reiner Ökostrom wird den Zielen der Klimaneutralität gerecht. Die folgenden Bereiche und Sektoren sind bei einer zukünftigen Stromlast zu berücksichtigen:

      • Verkehrswende (Elektrifizierung PKW, Bahn, Gabelstapler, Fähren, E-Trucks),
      • Elektrifizierung von Wärme (Prozesswärme, Heizungswärme über Wärmepumpe),
      • Elektrisierung von Prozessenergie (z.B. Glasschmelze, Elektrolichtbogenofen),
      • Elektrolyse zur Wasserstoff (H2)-Erzeugung für Prozessenergie (z.B. H2-Direktreduktion Stahlindustrie),
      • Elektrolyse zur H2-Erzeugung für Produktionsprozesse,
      • Elektrolyse zur H2-Erzeugung für Treibstoffe (Luftverkehr, Schiffsverkehr, Schwerlastverkehr).

      Der Plan der Bundesregierung ist es, bis 2030 rund 750 TWh an Grünstrom zu erzeugen. Perspektivisch werden bis 2050 rund 800–900 TWh Grünstrom benötigt, damit die im Energiewirtschaftsgesetz verankerte Treibhausneutralität erreicht werden kann. Um Treibhausneutralität zu erreichen, müssen alle verbleibenden THG-Emissionen vermieden, durch Kohlenstoffbindung ausgeglichen oder über Carbon Capture and Storage Technologien abgeschieden werden. In diesem Kontext wird auch von Netto-Null-Emission gesprochen, es handelt sich um einen rein bilanziellen Begriff.


      Regelwerke

      §1 Energiewirtschaftsgesetz Zweck und Ziel
      "(1)Zweck des Gesetzes ist eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente, umweltverträgliche und treibhausgasneutrale leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität, Gas und Wasserstoff, die zunehmend auf erneuerbaren Energien beruht."

      (Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), §1 Zweck und Ziele des Gesetzes, Absatz 1)

      Damit die gesamte Erneuerbare Energieerzeugung in Deutschland transparent ist, wurde das Marktstammdatenregister (MaStR) eingerichtet, hier sind Stammdaten des Strom- und Gasmarktes enthalten.

      Ein großer Vorteil für das Ziel der Energiewende liegt in der Speicherbarkeit von durch Grünstrom erzeugten gasförmigen und flüssigen Energieträgern. Grüner Wasserstoff oder synthetische Energieträger (Power-to-Gas-Produkte wie z.B. Methan; Power-to-Liquid-Produkte wie z.B. Kerosin, Methanol) können in Gastanks, Gasnetzen und Flüssigtanks zwischengelagert werden. Dieses bringt Flexibilität in die Energiewende und ist ein entscheidender Vorteil gegenüber den Batteriespeichertechniken. 

      In diesem Kapitel soll jedoch zunächst die Produktion von Grünem Wasserstoff auf der Basis von Grünstrom vorgestellt werden.

    • Elektrolyse technisch verstehen
      Der Begriff Elektrolyse (griech. „mittels Elektrizität trennen“) beschreibt die Aufspaltung einer chemischen Verbindung unter Einwirkung des elektrischen Stroms, also den Prozess der H2-Erzeugung. Bei der Elektrolyse von Wasser wird Wasser in seine beiden Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff gespalten.

      Die dafür eingesetzte technische Anlage, genannt Elektrolyseur, besteht aus:
      • zwei Elektroden (Anode und Kathode), 
      • einer Gleichstromquelle (Grünstrom) 
      • und einem Elektrolyten (z.B. reines Wasser oder alkalische Verbindungen), also eine elektrisch leitfähige Flüssigkeit. 

    • Bei der Elektrolyse von Wasser für die Wasserstoffgewinnung werden verschiedene Verfahren angewandt. Sie unterscheiden sich durch die Nutzung unterschiedlicher Elektrolyte (alkalisch, sauer), die Prozesstemperatur und die Membran. In der Praxis befinden sich vorwiegend Alkalische (AEL)- und Proton-Exchange-Membrane (PEM)-Elektrolyseanlagen in der Nutzung. Bei der PEM-Elektrolyse werden Feststoffelektrolyten verwendet, der die Anode von der Kathode elektronisch isoliert. Alkalische Elektrolyseure verfügen über einen porösen Separator (vgl.: Siemens 2024). Die Wirkungsgrade der Elektrolyse variieren zwischen 60-85%.

      Formen der Elektrolyse:


      Ressourcenbedarf 

      Für den Betrieb einer Elektrolyseure ist neben der Energieversorgung durch Ökostrom Wasser als Hauptrohstoff zuzuführen. Für die Herstellung von einem 1kg Wasserstoff werden 10 Liter Reinstwasser benötigt (vgl.: Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches, 2023). Es handelt sich um Süßwasser, welches vom Rohwasser in Reinstwasser aufbereitet werden muss. Dafür kommen verfahrensbedingt verschiedene Techniken zum Einsatz: Vorfiltration mittels Rückspülfilter, Kiesfilter, Ultrafiltration, Entsalzung über Umkehrosmose. 

      Kommt es durch die vermehrte Herstellung von Wasserstoff zu Wasserknappheit?

      Um diese Frage zu beantworten, hat der DVGW (2023) folgende Kalkulation veröffentlicht: 

      Stellt man die für 2030 für Deutschland prognostizierte nötige Reinstwasser-Menge für die Elektrolyse in Höhe von 7 bis 9 Mio. m3 Süßwasser (Annahme: 10 GW Elektrolyseleistung, 2500 Vollaststunden) anderen Wassernutzungen gegenüber, so ist der Wasserbedarf für die Elektrolyse verhältnismäßig klein und stellt laut Einschätzung des DVGW keinen Engpass in Deutschland dar. 

      Zum Vergleich: Für die Beregnung in der Landwirtschaft wurden in Deutschland 2019 rund 450 Mio. m3 Wasser genutzt und rund 300 Mio. m3 wurden für die Kühltürme von Kraftwerken benötigt (DVGW 2023).

      Kritischer stellt sich die Sache dar, wenn in Ländern mit Wüstenklima, die mit einem hohen Wind- und Solarstrompotential in der Küstenregion Wasserstoff produzieren, auch exportieren wollen. 

      In diesen Regionen besteht häufig extreme Wasser- und Grundwasserknappheit bzw. ein niedriger Grundwasserstand. Deshalb muss für den Betrieb der Elektrolyse zunächst der Entsalzung von Meerwasser (z.B. über das Verfahren der Umkehrosmose) vorangestellt werden. Das erfordert einen höheren Energieaufwand und ist bei der Berechnung der Effizienz, Kosten und Nachhaltigkeit bei der Planung großtechnischer Anlagen mit zu berücksichtigen. 

      Für die Herstellung von 1kg Wasserstoff werden gegenwärtig je nach Verfahren zwischen 40 bis 80 kWh Grünstrom benötigt. Wasserstoff hat eine höhere Energiedichte als herkömmliche Kraftstoffe, genauer gesagt einen Energiegehalt von 33 kWh pro kg H2. Zum Vergleich hat ein Liter Diesel einen Energiegehalt von 10 kWh, also nur ein Drittel. Mit einem Kilogramm Wasserstoff kann ein Brennstoffzellenauto ca. 100 km zurücklegen.

    • Kostenentwicklung
      1. Wasserstoffproduktion: Die Kostenentwicklung der Wasserstoffproduktion kann aufgrund der starken gegenwärtigen Dynamik nur vorsichtig prognostiziert werden. Grüner Wasserstoff ist in Westeuropa mit 15-18 Cent/kWh (bzw. 5-6 EUR/kg H2) noch doppelt so teuer wie Blauer Wasserstoff und etwa dreimal teurer als Grauer Wasserstoff (vgl.: Hydex-Kostenindizes für Wasserstoff von e-bridge: https://e-bridge.de/kompetenzen/wasserstoff/h2index/). ;
      2. Investitionen in Elektrolyseure: Sollten in Europa die Preise für Elektrolyseure bis 2030 von derzeit 500-1500 €/kW auf 200 €/kW sinken, wäre Grüner Wasserstoff gegenüber fossilen Wasserstoffproduktionswegen finanziell konkurrenzfähig (vgl.: Wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag, 2020). Das heißt konkret: Lagen die Produktionskosten 2019 noch bei 16 Cent/kWh H2, wird bis zum Jahr 2030 eine Absenkung auf 12 Cent (Trend)/9 Cent (Preissturz Elektrolyseure) bzw. bis zum Jahr 2050 auf 9 Cent/kWh (Trend)/6 Cent/kWh (Preissturz Elektrolyseure) prognostiziert (vgl.: Statista Research Department 2024; Greenpeace Energy 2020).


      Grauer und Blauer Wasserstoff

      Grauer Wasserstoff entsteht durch Dampfreformierung fossiler Brennstoffe wie Erdgas, Kohle oder Öl. Abfallprodukt ist die CO₂-Emission in die Atmosphäre. Das Verfahren ist nicht klimaneutral.
      Blauer Wasserstoff entsteht durch Dampfreformierung basierend auf fossilen Energiequellen. CO₂ wird abgeschieden und unterirdisch gelagert (CCS-Technik – Carbon Capture and Storage).

      Literatur