Kurs: Technik, Energie und Nachhaltigkeit | OnCourse UB

  • Lektion 6

    • Agri-Photovoltaik und Balkonkraftwerke

      Zu den Freiflächenanlagen zählt als Sonderform die sogenannte Agri-Photovoltaik. Sie bietet für Landwirte auf Acker-, Dauerkultur-, mehrjährigen Kultur- und Grünlandflächen, die kein Moorboden sind, eine zusätzliche Einnahmequelle (Doppelernte). Voraussetzung für diese Förderkategorie ist, dass die Flächen weiterhin überwiegend landwirtschaftlich bewirtschaftet werden und sie die Anforderungen erfüllen, die in Festlegungen der Bundesnetzagentur nach § 85c EEG 2023 an sie gestellt werden. Dazu zählen bestimmte naturschutzrelevante Vorgaben.
      Bei dieser multifunktionalen Flächennutzung kann – durch erhöhte Aufständerung oder vertikale Montage der Module – dieselbe Fläche sowohl für die Stromerzeugung als auch für einen landwirtschaftlichen Anbau genutzt werden. Dieses wird durch die vertikale Montage, z.B. als Zaun, oder durch die horizontale Aufständerung in lichter Höhe und Bewirtschaftung darunter erreicht. Dabei bleibt der Nutzpflanzenanbau die Hauptnutzung, während begleitend Solarstrom erzeugt wird.
      Die Synergieeffekte für Obstbau oder Gemüsebau unter Agri-PV sind Hagelschutz, Frostschutz und Reduktion von Dürreschäden durch Beschattungseffekte. Agri-PV-Anlagen sind über das EEG 2023 grundsätzlich auf allen Ackerflächen, Flächen mit Dauerkulturen und Grünlandflächen förderfähig (ausgenommen Moorböden und Naturschutzgebiete).

      Das von der Bundesregierung verabschiedete Solarpaket sieht vor, dass mindestens 50% des PV-Zubaus als Dachanlagen erfolgen sollen. Dies reduziert den Druck auf landwirtschaftliche Flächen. Der maximale bundesweite Netto-Zubau von Freiflächenanlagen auf landwirtschaftlich genutzten Flächen wird gedeckelt auf 80 Gigawatt bis 2030 und auf 177,5 GW bis 2040.
      Agri-PV, extensive Agri-PV (PV Anlagen, die durch besondere Bauweise die Artenvielfalt fördern), Floating-PV (schwimmende), Moor-PV und Parkplatz-PV erhalten ein eigenes Ausschreibungssegment mit einer höheren Förderung (Höchstwert 9,5 ct/kWh) und ein eigenes Ausschreibungsvolumen (anfänglich 500 MW; jährlich ansteigend um weitere 500 MW). Parkplatz-PV-Anlagen werden im Rahmen dieses Ausschreibungssegments dabei privilegiert gefördert (Pressemitteilung des BMWK, BMUV, BMEL vom 16.8.2023).
      Landwirte, deren Moorflächen im Rahmen von Klimaschutzmaßnahmen wiedervernässt werden, können durch Moor-PV oder Paludikulturen (landwirtschaftliche Nutzung von Mooren) dauerhafte attraktive Einnahmequellen aufbauen. In 2024 soll im EEG per Verordnung eine weitere Variante eingeführt werden, die Biodiversitäts-PV, eine besonders naturverträgliche Variante der Freiflächen-PV.
    • Balkonkraftwerke
      Ein Balkonkraftwerk ist eine kleine Photovoltaikanlage, die über einen integrierten Wechselrichter und Schutzkontaktstecker (Schuko-Stecker) für die Steckdose verfügt. Ein Balkonkraftwerk besteht gewöhnlich aus einem oder mehreren PV-Modulen, dem Wechselrichter, Anschlusskabeln und Befestigungsmaterial. Optional können Betreiber ihre Mini PV Anlage um einen Stromzähler erweitern oder mit einem Speicher für Balkonkraftwerke upgraden.

      Das Balkonkraftwerk ermöglichen Bürgern, einen einfachen eigenen Beitrag zur Energiewende zu leisten. Die Einspeiseleistung ins Stromnetz darf deutschlandweit bisher zwar nur bei maximal 600 Watt liegen, soll aber noch 2024 auf 800 Watt angehoben werden. Bei Balkonkraftwerken ist der Wechselrichter am Träger des Solarmoduls angebracht.

      Balkon-PV-Anlage und Amortisation

      Ein Balkonkraftwerk ist immer direkt mit dem Stromkreis der Wohnung verbunden und auf die 230V Wechselstromeinspeisung ausgelegt. Der erzeugte Strom fließt demnach aufgrund des physikalischen Gesetzes des geringsten Widerstands unmittelbar zu naheliegenden elektrischen Verbrauchern wie einer Kaffeemaschine oder einem Fernseher. Ständig laufende Geräte der Grundlast einer Wohnung (Router, Kühlschrank, WLAN) werden damit direkt entlastet, nicht genutzter Strom gerät unvergütet ins öffentliche Netz. Ein Balkonkraftwerk für durchschnittlich 1.000 Euro (600-Watt-Anlage, Preis im Jahr 2024) kann sich nach optimistischen Berechnungen zwischen fünf und acht Jahren finanziell amortisieren. Bei Balkonkraftwerken ist mit einem durchschnittlichen Ertrag von 70 bis 90 kWh pro 100 Watt Nennleistung zu rechnen

      Amortisation eines Balkonkraftwerkes am Beispiel: Eine 600-Watt-Anlage, die 1.000 Euro gekostet hat, generiert 600 kWh Strom p.a. Bei einem Strompreis von 30 Cent je Kilowattstunde spart das Balkonkraftwerk jährlich 180 EUR. Das Balkonkraftwerk hat sich in diesem Fall bereits nach fünfeinhalb Jahren amortisiert.


      Alle Balkonkraftwerke müssen im Markstammdatenregister der Bundesnetzagentur und beim Netzbetreiber (entfällt in Zukunft) registriert werden. Wohnungseigentümer können bei der geltenden Leistungsgrenze (600 Watt) bis zu 20% des Grundbedarfs ihrer Wohnung mit einem Balkonkraftwerk decken.

      Bei rund 30 Millionen Wohnungen mit Balkon oder Terrasse in Deutschland könnten mit einer Anlage auf jedem Balkon (600 Watt) maximal 3,7% des Nettostromverbrauchs von Deutschland erzeugt werden (vgl.: Marcinkowski, Meßmann, SWR 18.7.2023). Sie haben also eine bedeutende motivierende Rolle für den Bürger, Teil der Energiewende zu sein, können aber von der Leistungsgrenze her auch bei 800 Watt ab 2024 nicht entscheidend zu Versorgung mit PV-Strom in Deutschland beitragen.