Volkswirtschaftliche Kosten und Wertschöpfung der Energiewende
Berechnungen über die anstehenden Kosten bis zur Klimaneutralität sind elementar wichtig. Sie sollen aber nicht vor den gewaltigen finanziellen und technischen Aufwendungen der Energiewende abschrecken. Sie dienen des Schaffens von Transparenz und können im Umkehrschluss Wertschöpfungseffekte der Energiewende abschätzen.
Studie zu Kosten der Treibhausgasneutralität
In einer 2019
veröffentlichten Studie des Forschungszentrums Jülich der Helmholtz-Gemeinschaft
(Stolten et al 2019) wurden die Kosten des treibhausgasneutralen Szenarios an
einer fiktiven Business-as-Usual Entwicklung gespiegelt, bei der eine deutlich
moderatere Treibhausgasminderung von 60% bis zum Jahr 2045 angenommen wird.
Die gegenüber dieser Business-as-Usual-Entwicklung
ermittelten Mehrkosten sind als eigentlicher Kostenaufwand für das Erreichen von
Treibhausgasneutralität gegenübergestellt worden. Das heißt es wurden jährliche
Mehrkosten saldiert.
Im Ergebnis
der Studie wurden die kumulierten Mehrkosten (2020 – 2045) auf 1,014 Billionen
€ berechnet. Das entspricht 1,2% am kumulierten BIP. Gut 37% der gesamten
Mehrinvestitionen sind allein dem Umwandlungssektor (z.B. Ausbau von
Erneuerbaren, Elektrolyseuren, etc.) zuzurechnen. Die vergleichbaren Anteile
für den Verkehrs- und Gebäudesektor liegen bei 16% bzw. 13%. Der Anteil für den
Aufbau von Energieinfrastrukturen und Speichern beträgt ca. 19%.
Daraus
errechnen sich spezifische CO2-Reduktionskosten in Höhe von durchschnittlich ca.
132 €/tCO2-e. Nicht berücksichtigt sind bei dieser Studie volkswirtschaftliche Effekte,
wie beispielsweise die zu erwartende Wertschöpfung oder mögliche
Beschäftigungseffekte, die den Kostenaufwand im Falle einer
volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung reduzieren würden (vgl.: Stolten et al. 2019 S.
9).
Zwei andere Studien zum Vergleich:
Laut Angaben des
Handelsblatt Research Institute braucht Deutschland 1,1 Billionen Euro, um das gesetzlich verankerte Ziel der Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen (vgl.: Krapp, Stratmann, Witsch, 11.01.2024). Davon entfallen auf die Umstrukturierung von Stromnetzen 496 Milliarden Euro, die der Aus- und Umbau von On- und Offshore-Übertragungsnetzen (156 und 157 Milliarden Euro) sowie Verteilernetzen (183 Milliarden Euro). Der Ausbau der Erneuerbaren Energien wird vom HRI mit 440 Milliarden Euro prognostiziert.
Der 2024 veröffentlichte
Fortschrittsmonitor des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft zusammen mit dem Unternehmen Ernst & Young berechnet die nötigen Investitionen bis 2030 bzw. 2025 laut Zielen der Energiewende. Es werden Gesamtinvestitionen in Höhe von 1.240 Milliarden Euro berechnet. „Den mit 49% größten Anteil an den Gesamtinvestitionen hat der Ausbau der Stromerzeugung. Einen weiteren großen Anteil mit 41% hat der Ausbau der Energienetze (Strom, Gas und H
2). 721 Milliarden Euro wären bis 2030 zu investieren. Von 2031 bis 2035 werden weitere Investitionen erforderlich sein. Bis 2035 werden die erforderlichen weiteren Ausgaben auf 493 Mrd. Euro geschätzt. Die bis 2030 erforderlichen Investitionen könnten eine Bruttowertschöpfung von ca. 52 Mrd. Euro pro Jahr anstoßen. Dies entspricht 1,5% der gesamten Bruttowertschöpfung in Deutschland.“ (vgl.: BDWE, EY (2024): Fortschrittsmonitor 2024)
Wertschöpfung der Energiewende in Deutschland und in der EU
Eine große Bedeutung wird vor allem der kommunalen Wertschöpfung durch die Energiewende beigemessen. In der Lektion Teilhabe und Finanzrückflüsse für das Gemeinwohl wurden bereits die großen Chancen erörtert, die sich mit der Regionalisierung der Energiewende ergeben. In die kommunale Kasse und Privatschatulle fließen zusätzliche Einkommen, Unternehmensgewinne, vermiedene Brennstoffkosten von Kommunen und Bürgerinnen und Bürgern sowie kommunale Steuern und Abgaben. Damit kann gezielt und bürgernah in die Regionalentwicklung investiert werden (Straßen, Schwimmbäder, Schulen, Vereine). Zusätzlich werden Arbeitsplätze geschaffen.
Bruttowertschöpfung der Investitionen
Laut
Fortschrittsmonitor 2024 „...könnten die bis 2030 erforderlichen
Investitionen eine Bruttowertschöpfung von über 52 Mrd. Euro pro Jahr anstoßen.
Dies entspricht 1,5% der gesamten Bruttowertschöpfung in Deutschland. Die 2023
durch die Energiewende tatsächlich ausgelöste Bruttowertschöpfung wird auf über
28 Mrd. Euro geschätzt. Damit konnten 54% des jährlichen Potenzials realisiert
werden. Dies liegt vor allem an dem in 2023 erfolgten Ausbau der Stromerzeugung
und der Stromnetze" (BDEW, EY (2024): Fortschrittsmonitor 2024) Potenziale werden vor allem in weiteren Investitionen in
den Bereichen Stromerzeugung und den Netzausbau gesehen wie auch dem Ausbau der
Fernwärme, des H2-Kernnetzes sowie der Energiespeicher.