In den Jetzt-für-jetzt-Entscheidungsprozessen liegt der Mangel an Begründungen im Moment des Wahlaktes zwischen gleichwertigen oder nicht vergleichbaren Handlungsalternativen. In den Jetzt-für-dann-Entscheidungsprozessen kommt noch ein weiterer Mangel hinzu: der Mangel an gesicherten Kausalitäten. Die Offenheit der Zukunft macht es notwendig mit Wahrscheinlichkeiten zu agieren, ob eine bestimmte Ursache auch die gewünschte Wirkung in der Zukunft zeigen wird. In einer komplexen Welt gibt es zu viele Störpotenziale auf den Wirkungsprozess, weil letztlich durch Menschen und Institutionen immer mehr Ursachen in die Welt gebracht werden. Es ist heute auch mit wissenschaftlichen Methoden kaum vorhersagbar, in welchem Ausmaß Innovationen die erhofften Wirkungen zeigen werden (z.B. bestimmte Produkte verkaufbar sind), heute angelegte Sicherungen zukünftiger Optionen auch erreicht werden (Entwicklung ausgewählter Technologien) oder immaterielle Investitionen in Bildung, Vertrauen, Legitimation und Rechtssicherheit fruchtbar sein werden. Zwischen Ursache und langfristiger Wirkung entsteht mithin eine Ungewissheitszone, die es gilt auszuhalten. Langfristentscheidungen setzen folglich voraus, dass die Entscheider:innen sich über den Mangel an gesicherten Kausalitäten hinwegsetzen.
Im Moment der Entscheidung müssen also Wahrscheinlichkeiten bewertet werden, mit denen die verschiedenen Ursache-Wirkungsketten belegt worden sind. Um überhaupt legitimierte Entscheidungen zu bekommen, kann der Mangel an verlässlichen Kausalketten überspielt werden, indem geringe Wahrscheinlichkeiten überhöht werden und einigermaßen Wahrscheinliches als Sicherheit verkauft wird (Ortmann (2011), S. 63). Ähnliches gilt auch für die Tatsache, dass bei den Jetzt-für-dann-für-selbst-Entscheidungen immer Mittel für zukünftige Wirkungen zur Verfügung gestellt werden, die den gewünschten Jetzt-für-jetzt-für-selbst-Wirkungen entzogen werden.
Häufig treffen bei diesem Entscheidungstyp ritualisierte, aber schwache Gründe für heutige Wirkungen (mehr Gewinn, mehr Wettbewerb, mehr Umsatz, mehr Marktanteil usw.) auf überhöhte Wahrscheinlichkeiten für zukünftige Wirkungen. Um in diesem Abwägungsprozess nicht dauerhaft der Logik der Abdiskontierung der Zukunft zu unterliegen (Wirkungen heute sind nützlicher als Wirkungen morgen), muss das Engagement für zukünftige Wirkungen heroisiert werden:
Dieser Prozess des Heroisierens erklärt vielleicht auch, warum bei vielen strategischen Marketingentscheidungen zumeist irgendwelche Superlative als Begründung mitgeliefert werden: Es geht darum, der Größte, Beste, Erfolgreichste oder Innovativste zu sein.