Kurs: Der menschengemachte Klimawandel: Ursachen, Effekte und Lösungswege | OnCourse UB

  • Lektion 3

    • Klima und Allergien


      Mehr als 23 Millionen Menschen in Deutschland sind laut eines Berichts des Deutschen Bundestags von Allergien betroffen (vgl. Deutscher Bundestag (2022). „Mehr als 23 Millionen Allergiker in Deutschland“.). Dabei sind besonders häufig die Atemwege der Menschen durch die Allergien betroffen. Darum wollen wir uns nun die Folgen des Klimawandels für Menschen mit allergischen Atemwegserkrankungen etwas genauer anschauen.

    • Phänologische Jahreszeiten

      Der Klimawandel führt dazu, dass sich die Jahreszeiten und damit auch die Blühzeiten unterschiedlicher Pflanzen verändern. 

      Der Deutsche Wetterdienst bringt dazu regelmäßig eine Übersicht der jeweils aktuellen phänologischen Jahreszeiten für Deutschland heraus: 



      Vertiefung

      Die Phänologie befasst sich mit den im Jahresablauf periodisch wiederkehrenden Wachstums- und Entwicklungserscheinungen der Pflanzen. Beim Deutschen Wetterdienst werden die Eintrittszeiten charakteristischer Vegetationsstadien, z.B. der Haselblüte, beobachtet und festgehalten. Diese Eintrittszeiten stehen in enger Beziehung zur Witterung und zum Klima. Über die letzten Jahrzehnte sind deutliche Verschiebungen zu beobachten. Dazu gehört z.B. der frühere Beginn und die längere Dauer der Blühzeiten von allergisch relevanten Blüten - wie z.B. der Hasel. 

      (Vgl. Deutscher Wetterdienst (2022). „Phänologische Uhr“.)

    • Warum ist das Klima in Bezug auf Allergien relevant?

      Die Konzentration der Pollen in der Luft sowie die Dauer der Pollenbelastung nimmt in den letzten Jahrzehnten zu. Der Klimawandel ist hauptverantwortlich für die Länge der Saison und hat einen wesentlichen Einfluss auf die Pollenkonzentration. Zum Beispiel wurde in einer langjährigen Studie in Nordamerika die dortige Pollenbelastung zwischen 1990 und 2018 gemessen. Sie kam zu dem folgenden Ergebnis: “We find widespread advances and lengthening of pollen seasons (+20 d) and increases in pollen concentrations (+21%) across North America, which are strongly coupled to observed warming” (Anderegg, William R.L. et al. (2021). “Athropogenic climate change is worsening North American pollen seasons.”).

      Wir können also zusammenfassen:

      • Die Pollenflugzeit verlängert sich. 
      • Neue Pollenformen breiten sich aus (z.B. Ambrosia – auf die wir weiter unten genauer eingehen).
      • Die Anzahl der Pollenallergien steigt.

      Darüber hinaus gibt es weitere Faktoren, die einen ungünstigen Einfluss auf Allergien haben: 

      • Feinstaub verstärkt die Lungengängigkeit von Pollen. 
      • Vermehrte Gewitter lösen so genanntes „Gewitterasthma“ aus (da die durch Gewitter bedingte hohe Luftfeuchtigkeit mehr Allergien freisetzt).

    • In Deutschland ist vor allem das südöstliche Bayern inzwischen recht stark von Ambrosia besiedelt. „2010 waren bereits 20 % der Bevölkerung gegen Ambrosia sensibilisiert. In Norditalien reagierten 2008 nach 20 Jahren der starken Ausbreitung 90 % der Pollenallergikerinnen und –allergiker auch gegenüber Ambrosia allergisch, 40 % davon mit Asthma. Die Belastung mit Ambrosiapollen und die Sensibilisierungsrate in der Bevölkerung Baden-Württembergs entsprechen nach Einschätzung von Expertinnen und Experten derzeit etwa derjenigen in Norditalien in den 1990er-Jahren.“ (Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (o.J.). „Ambrosia“.)

      Ohne intensive Maßnahmen zur Reduktion der Ambrosia werden wir in den nächsten Jahren mit einer deutlich steigenden Zahl von Betroffenen rechnen müssen.

    • Vektorübertragene Erkrankungen

      Kennen Sie dieses Insekt?

      Von der Pflanzenwelt wechseln wir in die Tierwelt. Haben Sie dieses Insekt schon einmal in Ihrem Garten gefunden?


      Foto von James Gathany, Public Health Image Library(PHIL), pid=2165.

      Die Zahl der Menschen, die diese Frage auf Anhieb richtig beantworten können, nimmt immer weiter zu. Es handelt sich um die asiatische Tigermücke. Die Tigermücke ist ein Vektor, der Erkrankungen auf den Menschen übertragen kann.

      Die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) kann Erkrankungen wie das Dengue- und das Chikungunya-Fieber übertragen. Doch wie kommt sie überhaupt zu uns? 

      Die asiatische Tigermücke stammt ursprünglich aus Südostasien. Dass sie nach Deutschland gekommen ist, ist eine Folge der Globalisierung. Der Personen- und Warenverkehr wächst und damit findet auch die Tigermücke immer mal wieder eine „Mitreisegelegenheit“. Der erste Nachweis erfolgte 2007. Dass sie in unseren Breiten überleben und sich reproduzieren kann, ist den Klimaveränderungen geschuldet. Und die Ausbreitung der Tigermücke in Europa/Deutschland nimmt weiter zu. 2016 konnte erstmals in Baden-Württemberg eine erfolgreiche Überwinterung der Mücke nachgewiesen werden. 

      Das Umweltbundesamt schreibt: „Auf Grund der Tatsache, dass auch die Anzahl der importierten Dengue- und Chikungunyafälle massiv zugenommen haben, ist auch schon jetzt das Auftreten [der Tigermücke] als potenzielles Risiko für die menschliche Gesundheit in Deutschland einzustufen.“ (Umweltbundesamt (2019). „Asiatische Tigermücke“.)

      Bei den vektorübertragenen Erkrankungen in Deutschland spielen vor allem

      • Zecken (FSME, Borrelien),
      • Nicht-Cholera-Vibrionen und
      • Stechmücken (z.B West-Nil-Fieber) 

      eine Rolle.

      Wie sich die klimatischen Veränderungen auf die Infektionsgefahr durch Zecken entwickeln wird, kann nicht verlässlich abgeschätzt werden. Vermutlich wird es deutliche regionale Unterschiede mit einer Zu- bzw. auch Abnahme der Häufigkeit geben. Das liegt daran, dass einige Regionen aufgrund des Klimawandels zu milde und nasse Winter und wärmere Frühlinge erleben. Für Zecken ist dies ein willkommenes Klima und sie können so länger aktiv sein und sich gleichzeitig auch stärker vermehren. Andererseits ist aber auch festzuhalten, dass ein heißer, trockener Sommer, wie er in manchen Regionen die Regel werden wird, für die meisten Zecken weniger geeignet ist.

      Nicht-Cholera-Vibrionen sind Bakterien, die natürlicherweise in der Nord- und Ostsee vorkommen. Sie können Magen-Darm-Infektionen und Wundinfektionen hervorrufen. Mit hohen Keimzahlen ist in den Sommermonaten zu rechnen, wenn hohe Wassertemperaturen erreicht werden. Steigen die Temperaturen bzw. halten die hohen Temperaturen länger an, so haben die Bakterien auch mehr Zeit, sich weiter auszubreiten.

      Das West-Nil-Virus wurde 2018 erstmalig bei Vögeln und Pferden in Deutschland nachgewiesen. Es wird durch eine Stechmückenart übertragen. Seit 2018 sind auch autochthone stechmücken-übertragene Infektionen beim Menschen in Deutschland bekannt. Dass die Sommer in Deutschland wärmer und länger werden, kann dazu führen, dass sich mehr Menschen mit dem Virus anstecken.

    • Wenn ein starkes Gewitter zu einem Zeitpunkt stattfindet, an dem viele Allergene – beispielsweise aus Pollen oder Pilzsporen – in der Luft sind, kann dies bei Menschen mit einer Allergie wie Heuschnupfen und allergischem Asthma schwere Asthmaanfälle oder starke Symptome einer allergischen Rhinitis auslösen. Forschende vermuten folgende Zusammenhänge: Pollen – vor allem von Gräsern – sowie Pilzsporen werden im Vorfeld eines Gewitters vermehrt aufgewirbelt. Aufgrund der elektrostatischen Aufladung und der Luftfeuchtigkeit während des Gewitters quellen sie osmotisch auf und platzen. Die Allergie-auslösenden Bestandteile der Pollen und Sporen werden in die Umgebungsluft geschleudert und dann durch starke Fallwinde schnell und in großen Mengen auf Bodennähe transportiert.