Kurs: Der menschengemachte Klimawandel: Ursachen, Effekte und Lösungswege | OnCourse UB

  • Lektion 2

    • Hitzefolgen


      Zitat

      Der Klimawandel ist die weltweit größte Bedrohung für die menschliche Gesundheit im 21. Jahrhundert. 

      The Lancet, 2009

    • In einer Vielzahl von Veröffentlichungen und durch viele Institutionen (z.B. WHO//RKI) getragen, stellt diese Aussage eine zentrale Botschaft für die Bedeutung des Klimawandels, wie auch für die Notwendigkeit des Handelns dar. 

      Warum ist die Bedrohung so groß und welche Faktoren spielen eine Rolle?



      Die Vulnerabilität/Verletzlichkeit der Gesundheit wird nicht nur durch direkte Ereignisse (Hitze, Überschwemmungen) beeinflusst. Auch die Bevölkerungsstruktur und soziopolitische Faktoren beeinflussen diese Verletzlichkeit. Ein hohes Durchschnittsalter führt z.B. zu einer höheren Vulnerabilität einer Gesellschaft in Bezug auf plötzliche Hitzewellen. Die Struktur und Kapazitäten des Gesundheitswesens beeinflussen die Vulnerabilität abhängig von ihrer Ausstattung. 

      Die daraus resultierenden Risiken für die Gesundheit sind sehr vielfältig, betreffen eine Vielzahl von Organsystemen und gehen weit über hitzebedingte Erkrankungen hinaus. 

      Neben den direkten Todesfällen durch Extremwettereignisse spielen hitzeassoziierte Erkrankungen eine wesentliche Rolle. Auf diese werden wir im weiteren Verlauf des Kapitels noch genauer eingehen.

    • Hitzefolgen für die Gesundheit

      Reflexionsaufgabe

      Erinnern Sie sich an die letzte Hitzewelle? Welche negativen gesundheitlichen Auswirkungen haben Sie oder Menschen in Ihrem Umfeld dabei erlebt?

      • Verminderte Aufenthaltsqualität (d.h. der Aufenthalt in Gegenden, die zu heiß sind, wird nicht mehr als Erholung/Entlastung angesehen.) 
      • Zunehmende körperliche Belastung und Unfallrisiken durch Hitzestress
      • Zunahme von Erkrankungen durch verdorbene Lebensmittel/ verunreinigtes Wasser 
      • Zunehmender und früherer Schädlingsbefall nach milden Wintern
      • Sprunghafte und erhöhte Belastung des Gesundheits- und Bestattungswesens

    • Erhöhte Sterblichkeit durch Hitze

      Direkte Folgen der Hitze sind eine erhöhte Sterblichkeit. Die nachfolgende Grafik zeigt eine Entwicklung der hitzebedingten Sterbefälle von 1992 bis 2017:


      Seit 2006 gibt es regionale Monitoringsysteme in Berlin und Hessen um kurzfristige Daten zur Mortalität zu erheben. Sechs der elf extremsten Hitzewellen zwischen 1950 und 2015 haben sich nach dem Jahr 2000 ereignet. Der Sommer 2003 war der heißeste, der Sommer 2018 war zweitheißester seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881. 

      Statistische Modelle zeigen einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Temperatur und der Sterblichkeitsrate. 

      In der Summe lässt sich so eine hitzebedingte Exzessmortalität (Übersterblichkeit) durch Hitze nachweisen.

      Gute Nachricht

      Es gibt auch eine gute Nachricht: Über die beobachtete Zeit hinweg wird der Einfluss der Hitze auf die Sterblichkeitsrate geringer. Erklären lässt sich dies möglicherweise durch physiologische Anpassungen. Doch auch getroffene Vorsichtsmaßnahmen (z.B. Hitzewarnungen oder Vorsichtmaßnahmen, z.B. für ältere Menschen in Pflegeheimen) könnten erklären, dass der Einfluss über die beobachtete Zeit hinweg geringer wird. 

      (Vgl. An der Heiden, M. et al. (2020). „Heat-related mortality—an analysis of the impact of heatwaves in Germany between 1992 and 2017“. Deutsches Ärzteblatt Int. 2020; 117: 603–9.).

    • Hitze und Aggression 

      Körperliches Unwohlsein durch Hitze fördert gewalttätiges und aggressives Verhalten. 

      Gleichzeitig verschlechtert der Klimawandel aber auch die sozioökonomischen Bedingungen, die sich als Indikatoren für aggressives Verhalten bei Erwachsenen erwiesen haben, wie z. B. wirtschaftliche Benachteiligung, Ernährungsunsicherheit in der Kindheit und niedrige Bildungsabschlüsse. 

      Darüber hinaus verstärken veränderte klimatische Bedingungen und zunehmende extreme Wetterereignisse Aggressionen auf Gruppenebene, z. B. durch häufigere Auswanderungen. 

      Empirische Studien haben ergeben, dass Temperaturanomalien mit einem höheren Risiko für bewaffnete Konflikte in ethisch fragmentierten Ländern verbunden sind, z.B. mit einem höheren Auftreten von Bürgerkriegen in Afrika sowie mit Konflikten zwischen Gruppen und zwischen Menschen in Afrika und im Nahen Osten (vgl. Schleussner, C.-F. et al. (2016). „Armed-conflict risks enhanced by climate-related disasters in ethnically fractionalized countries“).

      Gewalttätiges, aggressives Verhalten kann sich auch in einer Zunahme von Hate Speech im Internet äußern. Eine Analyse auf der Plattform Twitter zwischen 2014 und 2020 konnte zeigen, dass extreme Temeperaturen zu einem aggressiveren Verhalten online führten:


      Eine Zunahme der Hasskommentare in Sozialen Medien kann übrigens sowohl bei sehr heißen als auch bei sehr kalten Temperaturen beobachtet werden.

      Wichtig

      Es ist wichtig festzuhalten, dass Tagesmaximaltemperaturen über 30°C durchgängig mit einem Anstieg der Hasskommentare verbunden waren – und das über alle Klimazonen und sozioökonomischen Gruppen hinweg! Das heißt, dass Menschen auch in Regionen, in denen heiße Temperaturen nicht ungewöhnliche sind, an ihre Grenzen stoßen, wenn es um die Temperaturanpassungsfähigkeit geht. Und das heißt auch, dass Hitze aggressives Verhalten selbst bei den Menschen fördert, die über die ökonomischen Mittel verfügen, sich hohe Temperaturen ein wenig angenehmer zu gestalten. 

      (Vgl. Stechemesser, A. et al. (2022). „Temperature impacts on hate speech online: evidence from 4 billion geolocated tweets from the USA“.)

      Die Ergebnisse der Studie machen also deutlich, wie wichtig eine Abmilderung des Klimawandels und eine Anpassung an Temperaturextreme sind.

      Reflexion: Was tun bei Hitze?

      Welche Strategien nutzen Sie, um möglichen Schaden durch Hitze zu reduzieren? Welche weiteren Empfehlungen könnten Sie Ihren Eltern/Großeltern geben?

      • Flüssigkeitszufuhr erhöhen. 
      • Medikation, falls Sie Medikamente nehmen, ggf. anpassen. 
      • Angemessene Kleidung (luftig, mit UV-Schutz) tragen.
      • In kühlen Innenräumen aufhalten.