Der menschengemachte Klimawandel: Ursachen, Effekte und Lösungswege
Kurs: Der menschengemachte Klimawandel: Ursachen, Effekte und Lösungswege | OnCourse UB
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Fünf nach zwölf? Das Konzept der planetaren Grenzen
Das Konzept der planetaren Grenzen (auch Belastungsgrenzen der Erde; engl. Planetary Boundaries) wurde von einer Gruppe aus 28 Erdsystem- und Umweltwissenschaftlern um Johan Rockström, Will Steffen, Hans-Joachim Schellnhuber und Paul Crutzen entwickelt und 2009 erstmals publiziert. Seitdem wurde es weltweit von zahlreichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern rezipiert und weiterentwickelt. Es stellt unter anderem eine wichtige Grundlage für Diskurse im Bereich einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) dar und hat eine überaus positive Reputation in der Medien- und Wissenschaftswelt.
Was bedeutet das Verlassen des sicheren Handlungsspielraums mit Bezug zur Klimakrise genau? Es bedeutet, dass wir uns gegenwärtig bereits in einer sehr unsicheren und gefährlichen Zeit befinden. Unsicherheit und Gefahr beziehen sich dabei nicht nur auf Naturkatastrophen und die Gefahr von extremen Hitzebelastungen für viele Menschen auf der Erde. Sie beziehen sich auch auf die Möglichkeit, dass irreversible Kipppunkte erreicht werden. Im Zuge der Vorstellung des Konzepts der Kippelemente im Erdklimasystem gehen wir in Lektion 4 näher auf diese Gefahr ein.
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"Fünf vor Zwölf"
Unter diesen Bedingungen erscheint fraglich, ob die bereits seit Jahrzehnten im Zusammenhang mit der Klimakrise verwendete Metapher „Fünf vor zwölf“ noch angebracht ist. Die Metapher ist angelehnt an die Weltuntergangsuhr, die der Öffentlichkeit eindrücklich aufzeigen soll, wie weit die Menschheit von einer globalen Katastrophe, insbesondere hinsichtlich eines Atomkriegs oder einer Klimakatastrophe, entfernt ist. Die symbolische Uhr wurde 1947 auf sieben vor zwölf gestartet. 1953 wurde die Uhr im Zuge von Wasserstoffbombentests der USA und der Sowjetunion auf zwei vor zwölf gestellt. Im Jahr 2010 stand sie auf sechs vor zwölf. 2023 wurde die Uhr erstmals auf nur 90 Sekunden vor zwölf gestellt (Meckling, 2023, o. S.)
Mit Blick auf die Klimakrise und das Konzept der planetaren Grenzen entspricht möglicherweise auch diese Zeigerstellung nicht der Realität. Ein Zeigerstand von kurz nach zwölf könnte jedoch Hoffnungslosigkeit auslösen. Hoffnungslosigkeit und Angststarre wollen die Autorinnen und Autoren des Konzepts der planetaren Grenzen jedoch nicht auslösen. Im Gegenteil. Sie wollen aufmerksam darauf machen, dass die Menschheit das Erdsystem in noch nie dagewesener Weise stört und unter Druck setzt. Durch die Studien und das Konzept erhoffen sie sich einen Wachruf für die Menschheit (Richardson et al., 2023, S. 11).
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