Kurs: Der menschengemachte Klimawandel: Ursachen, Effekte und Lösungswege | OnCourse UB

  • Lektion 2

    • Klimagerechtigkeit

      Der Kampf um Klimagerechtigkeit ist das Fundament des Klimaaktivismus. Dieses Fundament ist entscheidend für das Erstreiten sinnvoller Veränderungen. 


      Klimagerechtigkeit besteht aus zwei verschiedenen Aspekten. Zum einen bezeichnet der Begriff die temporale Beziehung zwischen verschiedenen Generationen. Dahinter verbirgt sich die Diskussion, in welchem Rahmen Handlungen der Gegenwart zukünftige Generationen in ihren Rechten, wie etwa in dem Anspruch auf ein lebenswertes Leben, oder in ihren Freiheiten beschränken. Die Diskussion geht hier also auch hinaus über den bloßen Erhalt der Menschheit – der im Diskurs häufig vorherrscht. 

      Entscheidender ist aber, dass hiermit zum Ausdruck gebracht wird, wie der Klimawandel und Maßnahmen zu seiner Linderung in den größeren Kontext eingeordnet werden. Den Klimawandel hier als ein getrenntes Phänomen zu betrachten, würde sein intersektionales Zusammenspiel ignorieren (vgl. Stanford Encyclopedia of Philosophy: „Climate Justice“). So wirkt sich der Klimawandel unterschiedlich und in ungerechtigkeitsverstärkender Weise auf Menschen aus. Das hängt von verschiedenen Ungerechtigkeitsmerkmalen ab. Zum Beispiel trifft der Klimawandel Menschen unterschiedlich stark, je nach

      • Armutslevel und
      • Klasse oder
      • Geschlecht. 

      Besonders betroffen sind Menschen in ärmeren Regionen, Black und Indigenous People of Colour (BIPoC). Hier kommen die Begriffe der MAPA und LAPA auf. MAPA und LAPA beschreiben, wie stark oder schwach Regionen und Personen vom Klimawandel betroffen sind und sein werden.

    • Weil der Klimawandel Menschen in ungleichen Positionen ungleich trifft, sind er und die mangelnden Maßnahmen zur Linderung somit inhärent ungerecht.

      Unter dem Gesichtspunkt der Klimagerechtigkeit ist das Pariser Klimaabkommen aus 2015 wirkungsvoller als das Kyoto- Protokoll von 1997. In letzterem wurden LAPAs eine höhere Menge an CO2-Emissionen zugesprochen als MAPAs. Dies wurde damit gerechtfertigt, dass LAPA bereits mehr CO2 ausstoßen und nicht auf diese verzichten könnten, weil diese zum Beispiel nicht einfach ihre Industrie zurückfahren könnten. Diese Begründung ist fadenscheinig und stellt das problematische Phänomen des Grandfathering dar.

      Was ist mit Grandfathering gemeint?

      Grandfathering meint, dass ein (rechtlicher) Zustand auch dann bestehen bleibt, wenn die Gesetze bzw. Bedingungen sich geändert haben.

      Unter Gerechtigkeitsaspekten muss aber zwischen verschiedenen Arten von CO2-Ausstoß unterschieden werden: Luxus-Emissionen sind mit lebensnotwendigen Emissionen nicht gleichzusetzen: Gesunde Ernährung ist zum Beispiel wichtiger als das Heizen eines Pools. Im Pariser Klimaabkommen hat es hier eine Verbesserung gegeben. So sind MAPA deutlich mehr Emissionen zugesprochen worden, die sie ausstoßen dürfen, als LAPA (Kate Dooley u. a. (2021). “Ethical choices behind quantifications of fair contributions under the Paris Agreement”. In: Nature Climate Change 11.4, S. 300–305.).

      Enger und Breiter Nachhaltigkeitsbegriff 

      Zwischen Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit gibt es einen Zusammenhang. Hierfür wird zwischen zwei Verständnissen von Nachhaltigkeit unterschieden, nämlich dem engen und dem breiten Nachhaltigkeitsverständnis.

    • Insgesamt zeigt sich also, dass Klimaaktivismus kein losgelöstes Phänomen betrachtet, sondern sich zu einer ganzen Palette an Themen positioniert. Vernachlässigt man Aspekte der Klimagerechtigkeit, indem man zum Beispiel nur für Klimaschutz eintritt, kann keine nachhaltige Veränderung stattfinden. Es passiert eine Positionierung, jedoch implizit. Diese indirekte Positionierung fördert als Resultat aktiv Ungerechtigkeit, was kein wünschenswerter Zustand ist. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Klimagerechtigkeit explizit als Fundament für Klimaaktivismus dient.