Der menschengemachte Klimawandel: Ursachen, Effekte und Lösungswege
Kurs: Der menschengemachte Klimawandel: Ursachen, Effekte und Lösungswege | OnCourse UB
-
-
Verantwortungsübernahme. Was uns hilft, ins Handeln zu kommen
In dieser Lektion findest Du eine Definition vom ökologischen Fuß- und Handabdruck, Überlegungen dazu, wie adäquate Verhaltensänderungen gelingen können, und was es dazu braucht. Diese sind angelehnt an die Veröffentlichungen von Karen Hamann. Es wird zwischen individuellem und kollektivem Handeln unterschieden. Es gibt Tipps für eine gelungene Klimakommunikation und es werden die Verzögerungsdiskurse nach William Lamb erläutert.
Einleitung
Im Umgang mit der Klimakrise gibt es zwei zentrale Herausforderungen: Die Anpassung (Adaptation) und die Entwicklung (Transformation). Wir müssen uns individuell und kollektiv an die sich verändernden Lebensbedingungen anpassen. Und wir müssen den notwendigen Wandel in unseren sozialen, ökologischen und ökonomischen Beziehungen vollziehen, um die Klimakrise eindämmen und noch üblere Auswüchse verhindern zu können. Die Adaptation und die Transformation umzusetzen, erfordert ausreichend Problemwissen, Handlungswissen, einen persönlichen Bezug zum Thema vermittelt über Werte, sowie ausreichend Ressourcen. Vieles von den Veränderungen, die anstehen, gehen mit dem Eingehen neuer Kontakte und Beziehungen einher, mit dem Knüpfen von Verbindungen.
1. Ökologischer Fuß- und Handabdruck
In der Psychologie beschäftigt man sich damit, was die Voraussetzungen dafür sind, dass nachhaltige Verhaltensänderungen vorgenommen werden, und damit, wie Menschen politisch aktiv werden und bleiben. Karen Hamann (2016) unterscheidet dabei zwischen der individuellen und der kollektiven Handlungsebene. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der Verkleinerung des ökologischen „Fußabdrucks“ und der Vergrößerung des ökologischen „Handabdrucks“.
(Hamann, K. et al (2016): “Psychologie im Umweltschutz. Handbuch zur Förderung nachhaltigen Handelns”. München: oekom verlag, Hamann, K. et al (2024): Klimabewegt. Die Psychologie von Klimaprotest und Engagement. München: oekom verlag)
Der ökologische Fußabdruck steht für die negativen Auswirkungen, die eine Person auf unseren Planeten hat. Der erste CO2-Fußabdruck-Rechner wurde von dem Ölkonzern BP angeboten. Man kann annehmen, dass er strategisch dazu beitragen sollte, die Verantwortung für die Reduktion der Emissionen auf die Konsumenten zu schieben. Zum Beispiel gehört zur Reduktion des Fußabdrucks, sich pflanzlich zu ernähren, das eigene Auto abzuschaffen oder zu einer nachhaltigen Bank zu wechseln.
Ein lösungsorientierteres, von der Nichtregierungsorganisation Germanwatch entwickeltes Konzept ist der sozial-ökologische Handabdruck (Mehr dazu hier: https://www.germanwatch.org/de/handprint) Der Handabdruck steht für unseren persönlichen Gestaltungsspielraum, den wir uns durch Engagement und politische Aktivitäten erarbeiten können. Der ökologische Handabdruck wirkt auf der systemischen Ebene, er führt zur Umsetzung nachhaltigerer Lösungen vor Ort, zum Zusammenschluss von Gleichgesinnten, manchmal auch zur Beeinflussung politischer Entscheidungsprozesse.
-
2. Wie gelingt eine Verhaltensänderung?
Nachhaltiges Verhalten setzt sich nach Hamann (2016) zusammen aus der Ausgangssituation, nämlich dem Problembewusstsein, einem Verantwortungsgefühl für das Thema und der Erwartung, wirksam sein zu können. Dies wird zusammengefasst als „ökologische Norm“. Diese stößt auf verschiedene Motivatoren, Einflüsse aus dem sozialen Umfeld und eine Kosten- und Nutzen- Abwägung der Verhaltensänderung. In der Entscheidungsphase werden diese Faktoren gegeneinander abgewogen. Es wird eine Intention gefasst, sich nachhaltig zu verhalten (oder nicht). Somit kommt es, wenn die Gelegenheit günstig ist und Gewohnheiten nicht zu sehr im Wege stehen, zur Umsetzung.
Die Aufbereitung und Vermittlung von Problemwissen ist eine sehr weit verbreitete Form des Klimaengagements. Die Webseite „Klimfakten.de“ hat sich bspw. zum Ziel gesetzt, allgemeinverständlich das Grundlagenwissen zur Verfügung zu stellen. Ohne das Problem zu kennen, wird kein Handeln einsetzten.
Tatsächlich ist Informationsvermittlung zwar hilfreich, jedoch nicht ausreichend, um eine Verhaltensänderung anzustoßen. Sind die Informationen sehr unbequem, löst sie sogar eher Abwehr aus.
Wenn mir bewusst ist, dass mein eigenes Verhalten bzgl. des Fortgangs der Klimakrise relevant ist, kann ich Verantwortung übernehmen. Es kann sogar zu dem Gefühl der Verpflichtung kommen, wenn Probleme nicht anderen (z. B. der Industrie oder Regierung), sondern sich selbst zugeschrieben werden.
Unter Selbstwirksamkeit verstehen Psycholog:innen die Gewissheit, eine Anforderung mit den eigenen Fähigkeiten meistern zu können – ganz nach dem Motto »Ich werde es schaffen«. Im Kontext der Klimakrise besteht Selbstwirksamkeit demnach aus Fähigkeiten, sich klimaschützend verhalten zu können, und einer Wahrnehmung der eigenen Kompetenz diesbezüglich. Um das Gefühl der Selbstwirksamkeit zu erhöhen, sollte das Wissen um Handlungsmöglichkeiten zugänglich sein. Diese Handlungsoptionen sollten als ausreichend wirksam bewertet werden. Positive Umsetzungsbeispiele aus dem Umfeld sind auch sehr hilfreich.
Soziale Normen, also Verhaltensstandards, die von den Menschen im sozialen Umfeld geteilt werden, dienen der Orientierung, dem friedlichen Miteinander und der einfachen Kommunikation. Bei der Veränderungsprozessen können sie hinderlich sein, denn es ist schwer, bestehende Normen zu brechen, sie können aber auch als hilfreiches Mittel der Ermutigung dienen, wenn es soziale Normen gibt, die das gewünschte Verhalten unterstützen. Entsteht eine Identifikation mit positiven Vorbildern, kann dies sehr ermutigend sein.
Besonders ermächtigend ist es, wenn eine ganze Gruppe eine gemeinsame Wirksamkeitserwartung entwickelt. Kollektive Wirksamkeit ist die Überzeugung, dass wir als Gruppe unsere Ziele durch unser gemeinsames Handeln erreichen können (Hamann 2024). Partizipative Wirksamkeit ist die Überzeugung, dass unser eigener Beitrag für eine Gruppe wichtig ist und dass die Gruppe ihre Ziele nur dann erreichen kann, wenn wir als Einzelperson mitwirken.
Ein gemeinsames Schicksal und geteilte Missstände sind oft der Ausgangspunkt dafür, dass Menschen sich als Teil derselben sozialen Bewegung sehen.
Wahrgenommene Ressourcen: Voraussetzung für eine Verhaltensänderung ist auch, ob die nötigen materiellen und sozialen Ressourcen vorhanden sind, und wie leicht es ist, die Veränderung zu machen. Daher ist es ratsam, mit Veränderungen anzufangen, die man schon gut kann.
Die vermittelnde Rolle der Werte: Der Ausgangspunkt für eine Verhaltensveränderung, ob auf individueller oder kollektiver Ebene, ist oft durch persönliche Wert- und Moralvorstellungen wie Gerechtigkeit, Selbstbestimmung, Machterweiterung, Sicherheit oder Fürsorge geprägt. Wenn ein Ereignis die eigenen Wertvorstellungen verletzt, oder wenn wir mit unserem Verhalten in Einklang mit unseren Werten kommen, sind wir motiviert, etwas zu verändern.
-
Beispiel
Beispielhaft hier die Erinnerung eines Aktivisten von Ende Gelände (zitiert nach Hamann, 2024):
»Ich erinnere mich noch lebhaft daran, wie ich zum ersten Mal am Rand der Kohlegrube in der Nähe des Hambacher Forstes stand. Als ich in dieses riesige Loch blickte, das größer war als die Stadt Paris, stieg Wut in mir auf. Wie konnte es sein, dass der Kohleabbau – eine extrem zerstörerische, umweltverschmutzende und sogar ineffiziente Art der Energiegewinnung – Vorrang vor dem Erhalt eines so wertvollen Ökosystems haben sollte? Für mich gab es keinen Zweifel daran, dass hier etwas grundlegend falsch war und dass damit Schluss sein musste.«
Diese Grafik fasst das Modell zusammen. Das Problem muss wahrgenommen werden, es muss emotional etwas auslösen und ein Verantwortungsgefühl anstoßen, und wenn Handlungswissen, ausreichend Erfolgsaussichten und Ressourcen vorhanden sind, kommt es zu einer konstruktiven Reaktion auf das Problem. Abschließend soll daran erinnert werden, dass nichts perfekt werden muss. Wichtig ist, überhaupt ins Handeln zu kommen.
Bild: Jai Wanigesinghe, Lizenz: CC-BY-SA 4.0
-
3. Kollektives Handeln
4. Wie Gespräche über die Klimakrise gelingen
Eine wichtige Handlungsebene ist, über die Klimakrise ins Gespräch zu kommen. Um hier möglichst gute und produktive Erfahrungen zu machen, gilt es, ein paar Regeln zu beachten, die die Psychologists for Future in einem kurzen Leitfaden zusammengefasst haben:
- Die innere Haltung: Versuche nicht, Dein Gegenüber von Deiner eigenen Haltung überzeugen wollen. Denn niemand wird gerne belehrt. Besser: Ein Gespräch auf Augenhöhe, nach dem Motto: Ich bin okay – und andere sind es auch.
- Überzeugende Inhalte: Bombadiere nicht mit Fakten und Studienergebnissen, stelle nicht nur problemorientierte Fragen, denn dies führt oft zu innerer Abwehr. Besser: Unsere eigene Geschichte erzählen, Gemeinsamkeiten finden, innere Bereitschaft des Gegenübers im Auge behalten, lösungsorientierte Fragen stellen, immer Handlungswissen mitgeben, um Ohnmachtsgefühlen entgegen zu wirken.
- Nach dem Gespräch: Gib Dir Lob und Anerkennung für den Versuch! Es ist ok, wenn es nicht so gelaufen ist, wie Du es erwartet hast.
-
5. Argumentationsmuster der Klimaschutzverzögerung („Discourses of Delay“)
Um kompetent auf gängige Gegenargumente reagieren zu können, hat William Lamb, ein Nachhaltigkeitsforscher, eine Zusammenstellung von gängigen Verzögerungsdiskursen veröffentlicht. Hierbei handelt es sich um häufig auftretende Argumentationsmuster, die produktives Klimaschutzhandeln zu verhindern suchen. Zu beachten ist, dass an diesen Argumenten immer ein Funken Wahrheit zu finden ist. Daher ist es, wenn einem so ein Argument im Gespräch begegnet besonders wichtig, es in seiner strategischen Zielrichtung einordnen zu können und nicht auf die inhaltlichen Ebene mit einzusteigen.
- Hervorheben der Kehrseiten: „Wir dürfen nicht zulassen, dass Klimaschutz unseren Wohlstand und unsere Arbeitsplätze gefährdet“ (Peter Altmeier, Ex-Bundeswirtschaftsminister, März 2019)
- Abwälzen von Verantwortung: „Aber China!“ oder „Deutschland kann allein nicht die Welt retten!“ Forcieren von nicht-transformativen Lösungen.
-
Forcieren von nicht-transformativen Lösungen: „Erdgas als Brückentechnologie!“
-
Kapitulieren: „Ist jetzt eh zu spät!“
(Quelle: Lamb WF, Mattioli G, Levi S, et al. Discourses of climate delay. Global Sustainability. 2020;3:e17. doi:10.1017/sus.2020.13)
-
-
Weiterführende Informationen
- Vorschläge, Deinen ökologischen Handabdruck zu vergrößern: Allgemein: https://daskannstdutun.de/engagement/, Konkret: https://daskannstdutun.de/konkreteschritte/
- Infografik zur Überwindung der Lücke zwischen Wissen und Handeln: https://www.klimafakten.de/kommunikation/du-und-der-klimawandel-viel-wissen-wenig- tun-die-infografik-zur-psychologie-des
- Leitfaden zur Verbesserung der Klimakommunikation für Medienschaffende: https://medienleitfaden-klima.de/
- Ausführlicher Kommunikationsleitfaden in Englisch: https://coast.noaa.gov/data/digitalcoast/pdf/psychology-climate-change-communication.pdf
- Ein Quiz, um sich im Erkennen von Verzögerungsdiskursen zu üben: https://www.klimafakten.de/quiz/?lang=de
-
Literatur und Quellen
- Levi, S. et al (2021): “Klimaschutz-Ausreden. Mit welchen Argumentationsmustern Klimaschutz verzögert wird. In: Dohm et al (Hrsg.) Climate Action - Psychologie der Klimakrise. Gießen: Psychosozial – Verlag
I.L.A Kollektiv (2022): Die Welt auf den Kopf stellen. Strategien für radikale Transformation. Ein Handbuch für Menschen in sozialen Bewegungen. München: oekom verlag
-