Der menschengemachte Klimawandel: Ursachen, Effekte und Lösungswege
Kurs: Der menschengemachte Klimawandel: Ursachen, Effekte und Lösungswege | OnCourse UB
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Psychische Resilienz. Mit unangenehmen Gefühlen umgehen lernen
In diesem Abschnitt wird vermittelt, was psychische Resilienz ist, wozu sie gut ist und wie man sie fördert. Es wird beschrieben, was Klimagefühle sind und wie ein guter Umgang mit diesen Gefühlen gelingen kann.
Einleitung
Wie in den vorherigen Lektion gezeigt wurde, haben wir als Menschen die Fähigkeit, Unangenehmes auszublenden, wegzuschieben, zu verleugnen, oder auch anderen in die Schuhe zu schieben. Dies ist in Maßen hilfreich. Hindert es uns jedoch daran, die Realität ausreichend gut wahrzunehmen, wird es zum Problem. Damit ein realitätsbezogener und konstruktiver Umgang mit der Klimakrise wahrscheinlicher wird, ist es also wichtig, einen guten Umgang mit seinen Klimawandel-bezogenen Gefühlen zu finden. Dabei handelt es sich weniger nur um einen Verstehensprozess, als um ein Praktizieren, einen Aufbau von guten Gewohnheiten.
1. Was ist psychische Resilienz?
2. Welche Klimagefühle gibt es?
In dem in den Niederlanden erschienenen Toolkit Klimapsychologie werden die Gefühle, die man im Zusammenhang mit der Klimakrise empfinden kann, ausführlich beschrieben:
Die Klimakrise löst sehr unterschiedliche konkrete (und oft realen) Ängste aus: die Angst vor Überschwemmungen, Wasserknappheit, weiterer Verarmung der Artenvielfalt und internationalen Konflikten. Einige Katastrophenszenarien sind sehr persönlich, wie die Angst, die eigene Familie aufgrund der Klimakrise nicht mehr ernähren zu können. Andere Ängste beziehen sich eher auf die Makroebene: Die Angst vor dem Ende unserer Zivilisation oder des menschlichen Lebens auf der Erde.
Im Mittelpunkt der Stimmungsveränderungen im Zusammenhang mit der Klimakrise stehen Gefühle von Traurigkeit, Hilflosigkeit und Ausweglosigkeit. Begleitet werden diese von Gedanken wie "Es ist hoffnungslos, warum sollte ich also überhaupt etwas tun?". Gefühle der Hoffnungslosigkeit können dann auch dazu führen, dass man sich vom Alltag entfremdet und alltägliche Handlungen und Kontakte als sinnlos erlebt. Für das Empfinden von Schmerz über die Zerstörung unserer Natur ist mittlerweile der Begriff der „Solastalgie“ geprägt worden. (Pihkala, P. (2022). Klimakummer, Klimadepression und Solastalgie. In: van Bronswijk, K./ Hausmann, C. (Hrsg.): Climate Emotions. Klimakrise und psychische Gesundheit. Gießen: Psychosozial-Verlag, S. 97–128.)
Probleme mit dem Selbstbild entstehen, wenn eine Person sich hauptsächlich als Teil des Problems und wenig oder gar nicht als Teil der Lösung sieht. Die Klimakrise kann dann zu Selbstvorwürfen und Selbstbestrafung sowie zu Scham- und Schuldgefühlen führen.
In manchen Fällen zeigt eine Person hauptsächlich auf Mitmenschen als Täter*innen. Es ist schwer zu ertragen, wenn die individuell erlebte Dringlichkeit von anderen nicht geteilt zu werden scheint.
(Abspoel, C. et al (2023): Behandlungshandbuch Toolkit Klimapsychologie. In Deutscher Übsetzung. Bingen: Psychologists for Future Eigenverlag)
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3. Förderung der psychischen Resilienz
Bei der Förderung der psychischen Resilienz geht es um die Stärkung des psychischen Muskels, um die Verbesserung des Umgangs mit den Gefühlen und um einen achtsamen Umgang mit den eigenen Grundbedürfnissen. Kommt man das erste Mal in Kontakt mit den Fakten rund um den Klimawandel, so kann das durchaus schockierend sein. Im „Tauchgang der Gefühle“ ist der emotionale Prozess, der dann folgen kann, veranschaulicht.
Bild: Jai Wanigesinghe, Lizenz: CC-BY-SA 4.0
Der hier abgebildete Prozess ähnelt dem klassischen Trauerprozess bei Verlust und Abschied: Die erste Ahnung, dass da was lauert, auf die die Konfrontation mit den gefürchteten Fakten folgt.
Diese löst einen Schock aus. Die schreckliche Sachlage erzeugt vielleicht Wut, oft ein ermächtigendes Gefühl. Hier kann man sich tatsächlich verfangen und in einen verbitterten Kampf eintreten. Nach der Wutreaktion folgt dann die Realisierung, wie schlimm die Lage wirklich ist, hier als das Tal der Tränen bezeichnet. Nach der Trauer folgt dann eine Reorientierung, was die Situation für einen wirklich bedeutet. Nun kann ein Suchprozess beginnen, wie man sich zu der neuen Lage verhalten kann und möchte. Es entsteht die Möglichkeit zu Lernen und zu wachsen, und realitätsbezogen zu handeln.
Der Umgang mit Gefühlen braucht den richtigen Rahmen, und es ist nicht mit einer einzelnen Erfahrung erledigt. Es braucht regelmäßige Übung, regelmäßige Gelegenheit, den Gefühlen Raum zu geben und sie zu erforschen. Dies kann im Rahmen von Achtsamkeitsübungen geschehen, im Gespräch mit einer befreundeten Person, oder auch in Gruppen, die sich zu diesem Zweck treffen. Viele in der Klimabewegung engagierte Gruppen bieten zu diesem Zweck regelmäßige Gesprächskreise oder „Klima-Cafés“ an. Denn zu spüren, dass man nicht allein ist mit den starken Gefühlen und andere genauso empfinden, hilft sehr bei der Stärkung der Resilienz.
Folgende drei Bilder können beim Umgang mit schwierigen Gefühlen helfen:
Bild: Jai Wanigesinghe, Lizenz: CC-BY-SA 4.0 -
Übung
Alle Gefühle, die Du im Zusammenhang mit der Klimakrise empfindest, sind willkommen und angemessen. Erkunde und verbinde dich mit deinen Gefühlen mithilfe dieses Emotionsrads für Klimagefühle. Nutze dann das Blankorad, um deine häufigsten Klimagefühle aufzuschreiben oder zu zeichnen. Tausche dich im Anschluss mit Menschen in deinem Umfeld, wie Freunden, Familie, oder Kommiliton:innen darüber aus. Spüre auch nach, welches Bedürfnis sich mit den Gefühlen meldet, bspw. nach Schutz, Nähe, Aktivität oder Ruhe und übe dich in Selbstfürsorge.
Climate Emotions Wheel von Anya Kamenetz, Panu Pikhala, Sarah Newman, Megan Slade, Julie Souza, Ryleigh Corrigan, Lizenz: CC BY-SA 4.0
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Malte Klar von den Psychologists for Future Deutschland empfiehlt 14 Strategien, um die psychische Resilienz zu fördern:
- Gefühlsakzeptanz: Kann ich Angst und andere Gefühle als sinnvolle Reaktion auf die Krise anerkennen?
- Gefühlsverarbeitung: Welche Gefühle habe ich in Bezug auf die Klimakrise und wie gehe ich mit ihnen um?
- Engagement: Was will ich konkret tun? Wie will ich mich für eine bessere Zukunft engagieren?
- Freundschaften: Mit wem fühle ich mich verbunden? Mit wem kann ich darüber reden, wie es mir mit meinem Engagement und der Klimakrise geht? Wann?
- Krisen als Chancen: Was will ich lernen, wie kann ich an der Krise (über mich hinaus) wachsen?
- Sinn und Werte: Welche Werte möchte ich leben? Welchen Sinn möchte ich meinem Leben verleihen?
- Dankbarkeit: Wofür bin ich jetzt in Anbetracht der Klimakrise dankbar?
- Selbstfürsorge: Wie möchte ich mich gut um mich kümmern, damit ich nicht ausbrenne
- Gesunde Abgrenzungsfähigkeit: Was will ich zukünftig weniger/mehr tun, um mich angemessen abzugrenzen?
- Gesunde Bescheidenheit: Möchte ich (ergänzend zu meinem Engagement) akzeptieren, dass mein Einfluss auf die Welt Grenzen hat und nicht immer alles so verläuft, wie ich es für richtig halte?
- Achtsamkeit: Wie kultiviere ich bewusste Aufmerksamkeitslenkung (=Achtsamkeit), um mich weniger in Sorgen & Grübeln zu verlieren & mich gut um meine Gefühle zu kümmern?
- Hoffnung statt Hoffnungslosigkeit: Was ist eine angemessene Hoffnung, die mir Kraft gibt? Was kann ich konkret tun, um mehr Vertrauen und damit Mut zu entwickeln.
- Hoffnungsfrei statt Hoffnungsvoll (Vertrauen, Mut und Liebe): Was kann ich konkret tun, um mehr Vertrauen und damit Mut zu entwickeln?
- Selbstakzeptanz statt Selbstkritik: Was würde mir eine weise, gute Freundin sagen, wenn ich unter der Klimakrise leide?
(Quelle: Handout der Psy4F)
Bild: Jai Wanigesinghe, Lizenz: CC-BY-SA 4.0
Diese Strategien sind am hilfreichsten, wenn man sich allein oder auch in den Gruppen, in denen man Zeit verbringt, regelmäßig etwas Zeit nimmt, um die eine oder andere Strategie auszuprobieren und zu erkunden.
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Weiterführende Informationen
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- Weitere Angebote und Handouts der Psy4F: https://www.psy4f.org/beratung/
- Handbuch Nachhaltiger Aktivismus – Timo Luthmann: https://nachhaltigeraktivismus.org/
- Klimaangst und Klimaresilienz – Der gesunde Umgang mit der Klimakrise
- Bronswijk, v.B. und Hausmann, C., Hrsg., (2022): Climate Emotions. Klimakrise und psychische Gesundheit. Gießen: Psychosozial – Verlag
- Urner, Maren (2024): Radikal emotional. Wie Gefühle Politik machen. München: Droemer Verlag.
Vortrag mit geleiteter Klima-Meditation:
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