Zusätzlich zu
diesen systematischen Quellen für Inkohärenz ergeben sich weitere Krisenanlässe
durch den sozialen Wandel und die Erfordernisse, die der Klimawandel mit sich
bringt, wie etwa veränderte Lebensentwürfe mit reduziertem Ressourcenverbrauch.
In
Veränderungen der Familienformen und geschlechterbezogener Aufgabenverteilung
zeigen sich bisherige Deutungsmuster und Handlungsroutinen als nicht mehr
akzeptiert und daher auch nicht mehr funktionsfähig.
Beispiel
Als Beispiel können
wir hier an die traditionelle Trennung von Fürsorge- und Berufsleistung denken,
die früher eindeutig Frauen bzw. Männern zugeordnet war, es nun aber nicht mehr
ist.
Das gleiche gilt für
veränderte Formen sozialen Engagements und prekäre Beschäftigungsverhältnisse.
- Wenn trotz Bemühen um Arbeit für bestimmte
Personengruppen kein (ausreichendes) Erwerbseinkommen zu erzielen ist,
- wenn trotz Ausbau der Kinderbetreuung
Alleinerziehende kaum Chancen auf eine ihren Qualifikationen und Interessen entsprechende
Erwerbsarbeit haben,
- wenn ehrenamtliches oder bürgerschaftliches
Engagement nicht aufgenommen werden kann, weil die berufliche Arbeit keine
Zeit, Kraft und Muße dazu lässt,
ist Sozialpolitik aufgefordert, den neuen Problemlagen
entsprechende Lösungen zu entwickeln.
Wichtig
Dazu müssen auch solche Gewissheiten aufgegeben werden, die bisher
zu kohärenten Lösungen geführt haben, aber den neuen Problemlagen nicht mehr
entsprechen wie etwa die Leistungsethik im verengten Verständnis von Leistung
als Erwerbsarbeitsleistung.
Wird Sozialpolitik als Kohäsionspolitik verstanden, dient sie regulierend der dreifachen gesellschaftlichen Reproduktion, etwa durch Existenzsicherung und Formen von Einkommensumverteilung oder durch Investitionen in Bildung, Aus- und Weiterbildung, Arbeitsmarkt- und Familienpolitik u.v.m. Wie gut die jetzige Ausrichtung der Sozialpolitik die gesellschaftliche Kohärenz sichert, wollen wir uns in der nächsten Lektion konkret anhand der Folgen für notwendige Fürsorge-Tätigkeiten anschauen.