Kapitel 10: SDG 9 - Systemische Erkundung nachhaltiger Industrie, Innovation & Infrastruktur in VR

Kurs: Systemdenken und Nachhaltigkeit in Virtual Reality | OnCourse UB

  • Lektion 1

    SDG 9 Kennen- und verstehen lernen

    • Hinweis für Prüfungsteilnehmer*innen: In diesem Kapitel benötigen Sie eine VR-Brille!

      Studierende der Universität Bremen: Sie können einen Verleihungstermin mit Elias Marks (emarks@uni-bremen.de) abstimmen.

      Studierende der UDE: Sie können einen Verleihungstermin vor Ort mit Sabine Dittrich (studium-liberale@uni-due.de) abstimmen. Bei Fragen oder alternativen Lösungen wenden Sie sich aber bitte an Elias Marks (emarks@uni-bremen.de).

    • Introvideos:
    • Lern-/Erkundungsziel von Lektion 1:

      In dieser Lektion werden die relevanten (Unter-) Ziele des SDG 9 thematisiert. Sie lernen die Termini: Infrastruktur, Industrie und Innovation kennen und erfahren, wie es um die Erreichung von SDG 9 aktuell bestellt ist und in welchem Zusammenhang SDG 9 mit dem Konzept der Klimagerechtigkeit steht.



    • Warum genau ist das Thema Infrastruktur im Kontext einer nachhaltigen und fairen globalen Entwicklung so wichtig?
      Hören Sie sich die folgende kurze Audiodatei an, um eine erste Einschätzung dazu zu erhalten:











    • Tabelle 1: Unter- und Teilziele SDG 9 (Quelle: Eigene Darstellung nach „Agenda 2030: Wo steht die Welt?"

      Global Polity Forum, über: https://www.bmz.de/de/agenda-2030/sdg-9#top; Goal 9 UN: https://www.un.org/sustainabledevelopment/infrastructure-industrialization/ )

      Unter- Teilziel

      Definition[1]

      Ziel 9:

      „Eine widerstandsfähige Infrastruktur aufbauen, breitenwirksame und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovation unterstützen“

      9.1 Infrastruktur

      Aufbau einer hochwertigen, verlässlichen, nachhaltigen sowie widerstandsfähigen Infrastruktur auf regionaler sowie grenzüberschreitender Ebene. Zur Unterstützung wirtschaftlicher Entwicklung und dem menschlichen Wohlergehen. Schwerpunkt liegt dabei auf erschwinglichem und gleichberechtigtem Zugang dieser Infrastruktur für alle.

      9.2 Industrialisierung

      Förderung einer breitenwirksamen und nachhaltigen Industrialisierung. Bis 2030 soll der Anteil der im Industriesektor Beschäftigten und der Anteil von Industrie am Bruttoinlandsprodukt, entsprechend den nationalen Gegebenheiten der jeweiligen Länder, erheblich gesteigert werden. Der Anteil in den am wenigsten entwickelten Ländern soll dabei verdoppelt werden.

      9.3 Unternehmen

      Insbesondere in Entwicklungsländern soll der Zugang kleiner (Industrie-) Unternehmen zu Finanzdienstleistungen, einschließlich bezahlbarer Kredite, gewährleistet werden. So wird ihre Einbindung in Wertschöpfungsketten und Märkte erhöht.

      9.4 nachhaltige Modernisierung

      Bis 2030 sollen Infrastrukturen modernisiert und die Industrie nachgerüstet werden, um sie nachhaltig zu machen. Dies soll durch effizienteren Ressourceneinsatz und durch die vermehrte Nutzung sauberer, umweltfreundlicher Technologien und Industrieprozesse erfolgen. 

      Wobei alle Länder Maßnahmen zur Anpassung entsprechend ihrer jeweiligen Kapazitäten ergreifen.

      9.5 wissenschaftliche Forschung

      Verbesserung wissenschaftlicher Forschung sowie Ausbau von technologischen Kapazitäten der Industriesektoren weltweit und insbesondere in den Entwicklungsländern. Daher sollen bis 2030 u.a. Innovationen gefördert, die Anzahl der im Bereich Forschung und Entwicklung tätigen Personen pro 1 Mio. Menschen erhöht und die öffentlichen sowie privaten Ausgaben für Forschung und Entwicklung beträchtlich angehoben werden.

      9 a) Unterstützung Infrastruktur

      Die Entwicklung der angestrebten nachhaltigen und widerstandsfähigen Infrastruktur in den Entwicklungsländern soll durch verstärkte finanzielle, technologische und technische Unterstützung erleichtert werden. Unterstützt werden sollen insbesondere afrikanische Länder, am wenigsten entwickelte Länder, Binnenentwicklungsländer und kleine Inselentwicklungsländer.

      9 b) Unterstützung Innovation

      Unterstützung der einheimischen Technologieentwicklung, Forschung und Innovation in den Entwicklungsländern. Unter anderem durch die Sicherstellung eines förderlichen politischen Umfelds für u.a. industrielle Diversifizierung und Wertschöpfung von Rohstoffen. 

      9 c) Internetzugang für alle

      Deutliche Verbesserung bzw. Erweiterung des Zugangs zu Informations- und Kommunikationstechnologie. Bis 2020 sollte in den am wenigsten entwickelten Ländern ein universeller und erschwinglicher Internetzugang geschaffen werden. (Update heute: 2023 hatten laut UN-Bericht 95 % der Weltbevölkerung Zugang zu mobiler Breitbandabdeckung von 3G oder höher[2]) [JS1] [BS2] 



      [1]Vgl.  Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (2023); United Nations (o.D.)

      [2] Vgl. UN (2023): S. 31


    • Exkurs: Klimagerechtigkeit als Wirtschaftskritik


      Im Kontext der Klimakrise kommt immer wieder die Debatte rund um die Übernahme von Verantwortung für den menschengemachten Klimawandel und in diesem Zuge auch von Gerechtigkeit auf. Dabei kommt den Faktoren Industrie, Innovation und Infrastruktur eine besondere Rolle zu. Denn die Klimakrise ist auch eine soziale Gerechtigkeitskrise.

      Die Beispiele in der folgenden Hotspot-Grafik sollen verdeutlichen, dass sowohl verschiedene Länder und Weltregionen als auch verschiedene Bevölkerungsgruppen innerhalb einer Gesellschaft unterschiedlich verwundbar gegenüber der Klimakrise sind.

      Um die Infotexte in der Hotspot-Grafik zu öffnen, klicken Sie auf die roten "i"-Zeichen im Bild.

    • Wenn das KlimaUNgerechtigkeit ist, wie sieht dann Klimagerechtigkeit konkret aus?

      Der Gerechtigkeitsbegriff umfasst mehrere Dimensionen und Gerechtigkeitsvorstellungen variieren je nach dem gesetzten Bezugsrahmen. In Gesellschaften stellt sich daher die Frage: „gerecht im Vergleich zu wem, oder was?“

      Auch das Pariser Klimaabkommen sieht bisher keine festen Regeln zur Beantwortung der Frage vor, welche Ländergruppen wie viel Klimaschutz betreiben müssen. In Artikel 4.3 wird lediglich festgehalten, dass die Reduktionsbemühungen der Länder sich „unter Berücksichtigung ihrer gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und ihrer jeweiligen Fähigkeiten angesichts der unterschiedlichen nationalen Gegebenheiten ausdrücken“ sollen. Demnach schlussfolgert Kurwan (2023), dass die einzelnen Länder selbst bestimmen können, was sie als ihren fairen Beitrag zum Klimaschutz definieren.

      Um dem Gerechtigkeitsbegriff im Kontext der Klimakrise näher zu kommen, müssen grundlegende Gerechtigkeitsfragen zur Klimagerechtigkeit beantwortet werden. Dabei hängen die Gerechtigkeitsfragen meist miteinander zusammen und beziehen auch den intergenerationalen Aspekt mit ein, wobei sich die Frage gestellt wird, wie für zukünftige Generationen ein lebenswerter Planet erhalten bleiben kann. [1]



      [1] Vgl. Newell, 2022, S. 917)



    • Um die eben aufgestellten Fragen der Klimagerechtigkeit zu beantworten, können verschiedene Gerechtigkeitsprinzipien zu Rate gezogen werden, sehen Sie sich das folgende Accordion an:

    • Die folgende Audiodatei fasst die Schlussfolgerungen zu Klimagerechtigkeit im Kontext von SDG 9 noch einmal zusammen:



    • Fazit: SDG 9 forciert den Aufbau widerstandsfähiger Infrastruktur, die Förderung breitenwirksamer und nachhaltiger Industrialisierung und die Unterstützung von Innovationen (Forschung und Entwicklung). Funktionierende Infrastruktur trägt unmittelbar zum Zugang zu Nahrungsmitteln, Medizinischer Versorgung oder zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben bei. In den heutigen Industrieländern war der Ausbau dieser Infrastruktur allerdings mit massiven Umweltbelastungen verbunden. Aktuell streben vor allem die Länder des globalen Südens nach Industrialisierung und dem Ausbau einer stabilen Infrastruktur.
      Die Klimakrise ist auch eine soziale Gerechtigkeitskrise, durch die auch bestehende (historisch bedingte) Ungerechtigkeiten verstärkt werden. Verschiedene Länder, Weltregionen sowie Bevölkerungsgruppen sind unterschiedlich gefährdet durch die Folgen des menschengemachten Klimawandels.
      Klimagerechtigkeit erfordert: eine faire Gestaltung globaler Beziehungen sowie eine Neuausrichtung des globalen Wirtschaftssystems, welches zum Schutz und zur Wiederherstellung natürlicher Lebensgrundlagen beitragen kann und somit zur Sicherung eines Lebenswerten Planeten, für alle seine (zukünftigen) Bewohner:innen. Die nachhaltige Transformation des bestehenden Industriesystems im Globalen Norden kann dazu beitragen, klimaschädliche Emissionen langfristig zu reduzieren und somit der Verantwortung zur Wahrung eines lebenswerten Planeten nachkommen.
      Von der vollständigen Umsetzung von SDG 9 ist die globale Gemeinschaft allerdings noch weit entfernt. Um SDG 9 bis 2030 zu erreichen, empfiehlt die UN, die Unterstützung der LDCs durch Investment in fortschrittliche Technologien, die Reduktion von CO2-Emissionen und den finalen Ausbau des Breitbandnetzes. Für den individuellen Umgang mit der Klimakrise ist es außerdem wichtig, fundierte und freie Meinungsbildung auf individueller Ebene zu fördern, um damit einen Schritt hin zu innovativen Lösungsideen und deren Umsetzung auf globaler Ebene zu tun.